Chirale Oxazaborolidine können mit starken Protonensäuren oder durch Koordination von AlBr3 am Stickstoffatom aktiviert werden und bilden dabei sehr starke chirale Lewis‐Säuren. Die entstehenden chiralen Bor‐Elektrophile (siehe Struktur) sind leistungsfähige chirale Katalysatoren, die [4+2]‐, [3+2]‐ und [2+2]‐Cycloadditionen mit hoher Enantioselektivität vermitteln.magnified imageIn den letzten Jahrzehnten hat in der Chemie eine Revolution stattgefunden, die außerhalb unserer Disziplin – und selbst in anderen Wissenschaften – praktisch unbemerkt geblieben ist. Grundlegend gewandelt hat sich: 1) unser Verständnis davon, wie chemische Reaktionen ablaufen, 2) unsere Fähigkeit, neue Reaktionen zu entwickeln, 3) unsere Fähigkeit, Reaktionen nutzbar zu machen, die zur Synthese einer riesigen Vielfalt an nützlichen oder komplexen Molekülen geführt haben, und 4) unsere Fähigkeit, chemische Prinzipien und chemisches Wissen zum Verständnis biologischer und medizinischer Fragestellungen anzuwenden. Im Bereich der Synthesechemie ist eine ganz neue Art von Wissenschaft herangewachsen, die eine nahezu perfekte Kontrolle der absoluten und relativen Stereochemie ermöglicht und mit der gezielten Entwicklung von Katalysatoren einhergeht, deren Funktionsweisen vor Jahren noch unvorstellbar schienen. Dieser Aufsatz befasst sich mit einem speziellen Aspekt dieser Chemie, der erst in den letzten Jahren aufgetaucht ist: der Erzeugung und Anwendung der supersauren chiralen Oxazaborolidiniumionen in der enantioselektiven Katalyse. Die Fortschritte in diesem Bereich sind vielschichtiger Natur und betreffen 1) die Bildung der Katalysatoren, 2) die Aufklärung der detaillierten Mechanismen, über die sich Reaktionen steuern und beschleunigen lassen, 3) Erkenntnisse über die katalysierten Reaktionen und 4) die Entwicklung und Optimierung von Syntheseverfahren.