Die Glycoproteine tierischer Zellen enthalten vielfältige Glycanstrukturen, die co‐ und/oder posttranslational an die Proteine angeheftet werden. Mehr als zwanzig verschiedene Bindungsarten von Glycanen an Proteine sind bekannt, doch sind N‐Glycane (gebunden an Asn) und O‐Glycane (gebunden an Ser/Thr) die häufigsten. Ein abnormes O‐Glycan, das bei Krebs und anderen menschlichen Erkrankungen auftritt, ist das Tn‐Antigen. Es hat eine einfache Struktur, bestehend aus einem N‐Acetyl‐D‐galactosamin, das α‐glycosidisch an einen Serin‐ oder Threoninrest gebunden ist. Das Tn‐Antigen war eines der ersten Glycokonjugate, die chemisch synthetisiert wurden. Es wird normalerweise von einer spezifischen Galactosyltransferase, der T‐Synthase, im Golgi‐Apparat modifiziert. Die Expression aktiver T‐Synthase hängt vom molekularen Chaperon Cosmc ab, dessen Gen auf dem X‐Chromosom liegt. Genmutationen, die die Funktion von T‐Synthase, Cosmc oder anderen an der O‐Glycosylierung beteiligten Faktoren beeinträchtigen, können zur Expression des Tn‐Antigens führen. Da dieses bei einer Reihe von Krankheiten auftritt, besteht großes Interesse, es für die Entwicklung von Impfstoffen und anderen therapeutischen Ansätzen zu nutzen.