Zusammenfassung
Ziel In Deutschland liegen die jährlichen HIV-Neu-Infektionen bei 3100 (2016) und betreffen v. a. Männer, die Sex mit Männern haben sowie intravenös Drogengebrauchende. Es wird eine Rate von 30 % der HIV-Infektionen angenommen, die erst in einer fortgeschrittenen Phase der Infektion diagnostiziert werden, oft jenseits des optimalen Zeitpunkts des Behandlungsbeginns. Die hohe Rate an Late-Presentern ist ein starkes Argument für eine Stärkung von Beratungs- und HIV-Testangeboten. Ziel dieser Literaturanalyse ist es daher zu beschreiben, welche Zugangsschwellen zu HIV-Testangeboten existieren.
Methodik Mit einer Literaturanalyse wurde der aktuelle Erkenntnisstand in Forschung und Praxis darauf hin abgebildet, welche Barrieren Risikogruppen vom HIV-Test abhalten. In die Suche wurden alle Veröffentlichungen zwischen 2010 und 2014 aus Australien, Europa und Nordamerika einbezogen, die sich auf Klienten-initiierte Tests beziehen.
Ergebnisse 132 Veröffentlichungen wurden in eine Volltextanalyse einbezogen. Die meisten Veröffentlichungen basieren auf Klientenbefragungen. Die individuelle Risikowahrnehmung beeinflusst die Entscheidung für oder gegen einen HIV-Test maßgeblich. Diese kann über Öffentlichkeitsarbeit und über aufsuchende Angebote beeinflusst werden. In den Strukturen und Abläufen des HIV-Test-Angebotes sind Vertraulichkeit und Anonymität an jeder Stelle zentral. Darüber hinaus ist den Klienten wichtig, dass ihnen in den Beratungsgesprächen mit Akzeptanz und Vorurteilsfreiheit begegnet wird. Die Angst der Klienten vor Stigmatisierung, Verurteilung und Ausgrenzung verlangt eine besondere Sensibilität und lebensstilakzeptierende Haltung auf Seiten des Personals.
Schlussfolgerung Die Faktoren, die für Klienten bei der Entscheidung über einen HIV-Test und der Auswahl eines Test-Angebots von Bedeutung sind, werden klar abgebildet. Die zentralen Elemente in der Entscheidungsfindung sind die eigene Risikowahrnehmung sowie die Furcht vor Stigmatisierung aufgrund vermeintlich abweichenden Sexualverhaltens oder aufgrund einer befürchteten HIV-Infektion. Die Öffentlichkeitsarbeit sollte Risikofaktoren bzw. -wahrnehmung in Bezug auf HIV sowie Vertraulichkeit und Anonymität des Angebots betonen. Die Nutzung sozialer Netzwerke ist hierbei besonders empfehlenswert. Neue Angebotsformen wie Heimtests könnten die Sorgen hinsichtlich Vertraulichkeit und Anonymität auflösen.