Zusammenfassung
Hintergrund
Sowohl der Suizid als auch die Tötung einer nahen Person stellen folgenreiche und risikohafte traumatische Erlebnisse für Kinder und Jugendliche dar, welche zahlreiche Familien betreffen. Diese Fälle sind potenzielle Einsätze für die Fachkräfte der Psychosozialen Notfallversorgung (PSNV), deren frühe und spezifische Ansätze nach hoch belastenden Lebenserfahrungen fachlich indiziert sind.
Ziel
Ziel der zugrunde liegenden Studie ist es, die Erfahrungen von Fachkräften der Psychosozialen Akuthilfe (PSAH) bei Einsätzen, in denen es um Suizid oder Tötung geht und Kinder betroffen sind, zu erheben. Es sollen der Stand der Versorgung betroffener Familien und die Einschätzung des Hilfebedarfs sowie die anschließenden Versorgungsangebote der PSNV für betroffene Kinder, Jugendliche und Familien nach der unmittelbaren PSAH abgebildet werden.
Methode
Per teilstandardisiertem Online-Fragebogen wurden Daten von 506 Fachkräften der PSNV im deutschsprachigen Raum erhoben. Themen waren die Einschätzung des Versorgungsbedarfs und der bestehenden Versorgungssituation von Familien nach Suizid/‑versuch oder versuchter/vollendeter Tötung, die Erfahrungen der Fachkräfte bei Einsätzen mit diesen Indikationen sowie die Ausbildung und (Selbst‑)Einschätzung der Kompetenzen zu diesbezüglich relevanten traumaspezifischen Aspekten.
Ergebnisse
Bedarfe für weiterführende Betreuung werden von Fachkräften der PSNV nach Alter der betroffenen Kinder unterschiedlich und teilweise entgegen der aktuellen Forschungslage eingeschätzt. Es werden deutliche Versorgungslücken für von Suizid/‑versuch oder Tötung/-sversuch der betroffenen Familien beschrieben. Fachkräfte der PSNV wünschen sich selbst mehr Kompetenzen im Bereich der Betreuung von Kindern und Jugendlichen nach Suizid/‑versuch und Tötung/-sversuch. Ebenso wird der Wunsch nach einer niedrigschwellig erreichbaren Rückfallebene geäußert.
Schlussfolgerung
Fachkräfte der PSNV sehen den Bedarf für weiterführende Betreuung bei den Betroffenen, beschreiben jedoch einen Mangel an weiterversorgenden Angeboten. Die Angebote, in die lokal weitervermittelt werden kann, sind in den meisten Fällen weder spezifisch, passgenau noch kurzfristig verfügbar. Es besteht ein Bedarf für eine unmittelbar erreichbare, spezifische Unterstützung sowohl für Fachkräfte als auch für betroffene Familien (z. B. durch eine Notfallrufnummer).