ZusammenfassungEin solides Verständnis physikalischer Konzepte erfordert den Umgang mit multiplen Repräsentationen wie Formeln und Diagrammen zur Bildung kohärenter mentaler Modelle. Bei komplexen Sachverhalten haben Studierende häufig Schwierigkeiten mit solchen repräsentationalen Verknüpfungen und benötigen deshalb instruktionale Unterstützung. In diesem Beitrag wird der Einfluss von zwei Instruktionen (mit und ohne visuelle Hilfen; VH vs. OH) zur graphischen Interpretation eines Vektorfelddiagramms hinsichtlich Divergenz auf die Leistungsfähigkeit von $$N=141$$
N
=
141
Studierenden untersucht. Beim Lesen der Instruktion und der anschließenden Aufgabenbearbeitung wurden die Augenbewegungen mit einem Eye-Tracker aufgenommen. Die Ergebnisse zeigen, dass Studierende in der VH-Gruppe ($$N=64$$
N
=
64
) eine bessere Testleistung erzielten als Studierende der OH-Gruppe ($$N=77$$
N
=
77
). Der Unterschied ist am stärksten ausgeprägt für die Studierendengruppen mit hohen und mittelstarken räumlichen Fähigkeiten, die im Vorfeld der Untersuchung mittels eines standardisierten Raumspannentests ermittelt wurden. Die Eye-Tracking-Analysen zum Lesen der Instruktionen zeigen, dass den Studierenden mit visuellen Hilfen die Selektion, Organisation und Integration lernrelevanter Informationen im Sinne der kognitionspsychologischen Theorie multimedialen Lernens besser gelingen als Studierenden der OH-Gruppe. Die Analyse der Eye-Tracking-Daten beim anschließenden Problemlösen ergibt, dass Studierende mit VH-Instruktion ihre Augen systematischer über die Vektorfelddiagramme bewegen, was eine korrekte Anwendung der vermittelten Strategie indiziert. Neben dem modellprüfenden Charakter und der Bedeutung visueller Hilfen zeigt die Studie das diagnostische Potential von Eye-Tracking bei Aufgaben mit hohen Ansprüchen an die kognitiv-visuellen Fähigkeiten.