Am 21. Januar 1948 erschien in den Proceedings of the Staff Meetings of the Mayo-Clinics eine Arbeit von M. M. Hargraves, Helen Richmond und R. Morton unter dem Titel: Presentation of two bone marrow elements: the "Tart"-cell and the "L.E."-cell (6). In diesem Beitrag schreiben die Autoren: "In den vergangenen 2 Jahren beobachteten wir ein Phänomen in unseren Knochenmarkpräparaten, welches nach unseren Kenntnissen bisher noch nicht in der Literatur beschrieben wurde. Es betrifft 2 Phänomene. Da ihre Bedeutung noch nicht genau verstanden wird, erscheint es notwendig, die beteiligten Zellen genau zu beschreiben, damit andere Kollegen durch ihre Beobachtungen bei Knochenmark-Untersuchungen die Signifikanz dieser Befunde für die Zukunft klären können.In den vergangenen Jahren haben wir Präparate mit diesen Zellen zahlreichen Hämatologen, die uns besuchten, gezeigt und die Befunde auch beim Hämatologentreffen 1946Hämatologentreffen und 1947 in Chicago vorgestellt, aber niemand hatte bisher ähnliche Zellen beobachtet (Abb. 1 und 2). Die 2. Zellart, die wir vorstellen möchten, wurde von uns als L.E.-Zelle bezeichnet, da sie im Knochenmark von Patienten mit einem akuten disseminierten Lupus erythematodes besonders häufig auftrat. Die Zelle repräsentiert zweifelsfrei einen Vorgang, der sich im Mark dieser Patienten abspielt und das Resultat darstellt, entweder eines phagozytosefreien Kernmaterials mit einer resultierenden runden Vakuole, die das teilweise abgebaute und lysierte Kernmaterial enthält oder eine aktuelle Autolyse eines oder mehrerer Segmente des Kerns der betroffenen Zelle, so daß sich letztlich die gleiche Erscheinung darstellt wie bei der Phagozytose von Kernmaterial. Wir haben keine dieser Zellen im peripheren Blut gefunden. Es ist annehmbar, daß die L.E.-Zelle unter Bedingungen mit aktiver Destruktion von Körpergewebe als Ergebnis einer Phagozytose anzusehen ist." Die Geschichte dieser Arbeit hat eine Vorgeschichte, die es wert ist, hier und heute etwas eingehender dargestellt zu werden. Hargraves beschäftigte sich seit 1945 intensiv mit Untersuchungen zur Bedeutung des Knochenmarks bei der Hämatopoese. Da zur damaligen Zeit das Mark nur durch orthopädische Operationen zu gewinnen war, interessierte er sich für die Markgewinnung mit Hilfe der Nadelaspiration aus flachen Knochen, eine Methode, die bereits 1929 von Arinkin inauguriert wurde. Er wurde deshalb zur Einarbeitung in die Methode für 6 Monate von der Patientenbetreuung freigestellt. Mit seiner Mitarbeiterin Helen Richmond führte er bei allen Patienten mit einer entsprechenden Indikation eine Knochenmarkpunktion durch, nicht nur um sich in der Methodik der Aufbereitung sondern auch in der Beurteilung der Präparate zu vervollkommnen. Wie Hargraves selbst anläßlich eines Symposiums in Rochester 1968 (7) betonte, war diese breit angelegte Untersuchungsaktion für die Erstbeschreibung des LE-Phänomens wichtig. So fand er bereits am 20. April 1943 bei einem 9jährigen Kind mit einem unklaren Krankheitsbild -mit Plasmazellvermehrung, Hyperglobulinämie un...