ZUSAMMENFASSUNGDas Wissen um Charakteristika suizidal intendierter Selbstvergiftungen sowie Faktoren, die mit einem wiederholten Suizidversuch assoziiert sind, ist für die Identifikation von potenziellen Risikopatienten und -konstellationen wertvoll. Daher wurden in einer prospektiven Beobachtungsstudie in einem Zeitraum von 12 Monaten Daten von 1238 Patienten mit suizidalen Intoxikationen, zu denen unser Giftnotruf kontaktiert wurde, gesammelt und ausgewertet. Die erhobenen Informationen umfassen neben demografischen Daten auch Angaben zu Symptomen, eingenommenen Substanzen bzw. deren Quelle, somatisch-psychiatrischen Komorbiditäten, früheren Suizidversuchen, Vorliegen einer Substanzkonsumstörung sowie einer Koingestion von Alkohol oder illegalen Drogen.53 % der Patienten waren zwischen 18 und 44 Jahre alt, 66 % waren weiblich. 79 % der Patienten litten an einer psychiatrischen Erkrankung, 45 % hatten mindestens einen Suizidversuch hinter sich. Patienten mit einer psychiatrischen Störung nahmen am häufigsten Antidepressiva und Neuroleptika ein, während Patienten ohne psychiatrische Vorerkrankung vorwiegend periphere Analgetika, insbesondere Ibuprofen, verwendeten. Im Vergleich zu Patienten mit einem Erstereignis wiesen diejenigen mit einem wiederholten Suizidversuch häufiger eine psychiatrische Erkrankung oder eine Substanzkonsumstörung auf und ingestierten bevorzugt Antidepressiva und Neuroleptika, jedoch seltener periphere Analgetika. Neben der Identifikation von Charakteristika vorsätzlicher Selbstvergiftungen konnten mit dem Vorliegen einer psychiatrischen Erkrankung, eines gestörten Substanzgebrauchs sowie der Ingestion von Antidepressiva oder Neuroleptika Risikofaktoren für einen wiederholten Suizidversuch detektiert werden, auf deren Basis individuelle Präventivmaßnahmen für Risikogruppen entwickelt werden können.