ZusammenfassungMit dem 2008 von Chris Anderson proklamierten „Ende der Theorie“ geht eine erkenntnistheoretische Verschiebung einher, die fordert, dass Wissen nur noch algorithmisch produziert werden soll. Algorithmisches Wissen zeichnet sich dadurch aus, dass es durch Indikationen erzeugt wird und außerhalb des Sinnmediums operiert, indem es bewährte kommunikative Muster privilegiert. Es reproduziert seine kommunikative Anschlussfähigkeit aus der Grammatikalität der Kommunikation. Um dies zu zeigen, unterscheidet der Artikel mit Rancière zwischen „Polizei“ als einer Praxis zur Herstellung von Eindeutigkeit und „Politik“ als einer Praxis zur Herstellung von Kontingenz. Algorithmische Systeme reproduzieren ihre grammatikalische Polizei durch Korrelationen und schließen Zukunft ab, insofern sie diese restlos aus vorhandenen Daten ableiten. Im Gegensatz dazu kann kritische Theorie qua Markierung ihrer Eigenkontingenz Politik produzieren und somit Zukunft öffnen. Zugleich bedarf auch die Artikulation von Kritik der Indikation und des Gebrauchs hegemonialer Grammatikalität, kann also niemals als reine Invention auftreten. Daraus wird eine Emphase kritischer Theorie abgeleitet, die betont, dass mittels Theorie Kritik selbst prekär gesetzt werden kann: Theorie ist in der Lage, ihre eigene Kritik zu politisieren. Das vor allem unterscheidet sie vom algorithmischen Datenempirismus.