Die theoretische Führungsforschung befindet sich schon seit langem in einer tiefen Krise (Bryman 1996;Schettgen 1991). Ihr gelingt es offenbar weder, das Interaktionsgeschehen zwischen einer Führungskraft und den Geführten konzeptionell befriedigend zu erklären, noch ist sie in der Lage, praktisch umsetzbare Lösungen für tatsächlich bestehende Führungsprobleme anzubieten. Die praxisnahe Führungsliteratur hingegen blüht geradezu (vgl. z.B. Kutzschenbach 1999;Markmann 2002). Sie bezieht sich dabei allerdings häufig auf Erkenntnisse, die innerhalb der Führungsforschung schon längst als veraltet gelten müssen, nämlich: die Eigenschaftstheorie der Führung und den Füh-rungsstil-Ansatz (zum Überblick vgl. Steinmann & Schreyögg 2000).In diesen traditionellen Ansätzen wird der Erfolg von Führung ausschließlich an der Führungskraft festgemacht. Die Führungsbeziehung wird als eine Art "Black Box" begriffen, in der entweder Führungseigenschaften oder Führungsverhalten allein oder in Kombination auf das Verhalten der Geführten wirken. Mit der Kontingenztheorie der Führung (Fiedler 1967) wurde die Wirksamkeit von Führungsstilen (und -eigenschaften) dann zwar situationsspezifisch relativiert, aber auch hier blieb es dabei: Führung wird als ein reales, an und für sich bestehendes, problemlos zugängliches und entsprechend empirisch messbares Phänomen begriffen. Führungserfolg -so die traditionelle Logik -hängt ausschließlich von der Eigenschaftsausstattung oder den Verhaltensstilen der Führungskraft ab. Die Geführten hingegen kommen nur als passive Reflektoren von Führung ins Kalkül: Sie sind Reaktionsautomaten, die die Eigenschaften oder Verhaltensweisen der jeweiligen Führungskraft quasi fotographisch abbilden und dann darauf hin handeln. Mit dieser verengten Problembearbeitung kann es allerdings kaum gelingen, den Interaktionsprozess zwischen Führungskraft und Geführten angemessen abzubilden.Die Problematik der traditionellen Führungsforschung liegt daher auch nicht in den jeweiligen Mängeln der einzelnen traditionellen Ansätze begründet, sondern vielmehr in der zugrund liegenden Perspektive (Calder 1977): Die in ihr angelegte behavioristi-1 Das Zitat stammt von Meindl 1993, S. 19.