ZusammenfassungIn dem Beitrag wird korpusgestützte Theoriebildung als hermeneutischer Prozess beschrieben und hermeneutische Aspekte in den verschiedenen Phasen des Prozesses werden diskutiert. Exemplarisch wird dies anhand der Entwicklung einer Theorie des Kommentierens gezeigt, deren Kategoriensystem in einem iterativ-inkrementellen Prozess der Bildung und Überprüfung von Hypothesen sukzessive aufgebaut und abduktiv ausdifferenziert wird. Methodisch stehen Annotationsstudien im Mittelpunkt, kombiniert mit korpusstatistischen Methoden. Letztere dienen einerseits dem theoretischen Sampling und werden andererseits auf die dadurch spezifisch selektierten bzw. gebildeten (Sub)Korpora zur Mustererkennung angewendet. Hermeneutikkritische Aspekte werden aus drei Perspektiven diskutiert, die den Umgang mit Vorwissen und bestehenden Theorien, mit der hermeneutischen Zirkularitätsmetapher und mit Objektivierungsstrategien im interpretativen Forschungssetting umfassen.