In den gegenwärtigen Kultur-und Geisteswissenschaften besteht ein weitreichender Konsens, dass die traditionelle Philosophie des Subjekts keine gangbare Option mehr darstellt. In seinem klassischen, insbesondere bei Kant kanonisch formulierten Verständnis ist das Subjekt etwas, das aller Erfahrung zugrunde liegt. Diese Annahme wird heute kaum mehr verteidigt. Entgegen einer vor allem außerhalb der Philosophie verbreiteten Wahrnehmung ist diese "Subjektkritik" allerdings kein Alleinstellungsmerkmal der Philosophie des 20. Jahrhunderts. Heute prominent mit dieser Kritik verbundene Namen wie Foucault, Derrida, Butler oder Heidegger stehen selbst bereits in einer langen Tradition, zu der Spinoza und Hobbes ebenso zu zählen sind wie Hegel, Nietzsche und Freud. Ihr gemeinsamer Abstoßungspunkt ist die kartesische Annahme, das "Subjekt" bezeichne eine Struktur oder Instanz, deren Zustände jenseits aller Zweifel lägen, dadurch jedem historischen Wandel standhalte und sich somit als ein Reflexionsthema anbietet, von dem aus das menschliche Welt-und Selbstverhältnis vollständig rekonstruiert werden könne.Auch der klassische amerikanische Pragmatismus ist in diese subjektkritische Tradition einzureihen (Bernstein, 2010;Colapietro, 1990). In dem hier zu besprechenden Kapitel von Erfahrung und Natur findet sich eine durchaus repräsentative Darstellung von Deweys Position. Für ihn steht im Vordergrund, dass die Subjektphilosophie eine Trennwand zwischen Welt und Selbst errichtet, die Handeln und Denken kategorisch voneinander isoliert. Dies hält Dewey für eine "Absurdität" (EN 184, dt. 232). Der Einfluss Hegels ist hier unverkennbar: Das Problem dieser Grenzziehung der Subjektphilosophie besteht für Dewey vor allem darin, dass sie die Möglichkeit einer Entwicklung geistiger Kategorien nicht mehr zu denken erlaubt.¹ Im Grunde begeht die Subjektphilosophie den Fehler, den Dewey im ersten Kapitel als "Intellektualismus" kritisiert: Das Postulat des Subjekts verklärt eine reflexiv gewonnene Beschreibung des menschlichen Weltver- Zu Hegels Kritik an Kant und am Empirismus vgl. Sedgwick 2012.