ZusammenfassungDer Wiesbadener Internistenkongress 1949 war Bühne für eine heftige Kontroverse zu Fragen der Methodik, Epistemologie und Evidenz in der psychosomatischen Medizin. Paul Martini, Internist und Protagonist methodisch durchgeführter klinischer Studien, kritisierte in diesem Kontext die Methodik psychosomatischer Wissensproduktion und bezweifelte die Validität der postulierten Einsichten. Ausgehend von dieser Kontroverse rekonstruiert der Beitrag die Formierung und Durchführung eines Experimentalsystems zur Entstehung der Hypertonie, in welchem der Internist und Psychosomatiker Thure von Uexküll somatische Variablen, die Subjektivität des Patienten, seine Biografie und seinen sozialen Kontext zu integrieren versuchte. Die Deutungen der Patienten hatten in diesem Experimentalsystem einen privilegierten Status. Empirische Belege, Nachvollziehbarkeit und Reproduzierbarkeit – Forderungen, die Martini 1949 formuliert hatte – waren für Uexküll elementare Kriterien für relevantes und valides Wissen.