Reaktionen, die über die Addition von kohlenstoffzentrierten Radikalen an basische Heteroarene gefolgt von der formalen Abspaltung eines Wasserstoffatoms verlaufen, sind heute allgemein als Minisci‐Reaktionen bekannt. Als synthetisches Werkzeug erstmals in den 1960er Jahren von Minisci entwickelt, wurde diese Reaktion in den letzten fünfzig Jahren kontinuierlich genutzt, um Heterozyklen schnell und direkt zu funktionalisieren, ohne dass eine De‐novo‐Synthese von Heterozyklen nötig ist. Während die meisten der ursprünglich beschriebenen Syntheseprotokolle zur Radikalerzeugung auch heute noch genutzt werden, wurde in den vergangenen Jahren eine Reihe neuer Strategien zur Erzeugung von Radikalen entwickelt, die den Einsatz vielfältigerer Radikalvorläufer und milderer Reaktionsbedingungen ermöglichen. Das in den letzten Jahren gestiegene Interesse an neuen Umsetzungen mit freien Radikalen hat dazu geführt, dass Synthesechemikern heute eine Vielzahl von Möglichkeiten für eine Minisci‐Reaktion zur Verfügung stehen. Inzwischen sind zusätzlich zu Methoden, die die thermische Spaltung oder In‐situ‐Bildung reaktiver Radikalvorläufer nutzen, auch die Photoredoxkatalyse und die Elektrochemie als Strategien zur Radikalerzeugung etabliert. Dieser Aufsatz deckt die bemerkenswert umfangreiche Literatur ab, die in den letzten Jahren auf diesem Gebiet erschienen ist, und unternimmt so den Versuch, Chemikern eine Orientierungshilfe zu geben und gleichzeitig eine Perspektive über die Herausforderungen zu bieten, die bereits bewältigt wurden und offen bleiben. Neben den logischen Klassifizierungen dieser Fortschritte entsprechend der Art des jeweiligen Radikalvorläufers, auf die sich die meisten Arbeiten konzentrieren, werden in diesem Aufsatz auch aktuelle Fortschritte in der Kontrolle verschiedener Selektivitätsaspekte von Minisci‐Reaktionen diskutiert.