Zusammenfassung
Ziel der Studie Die Zeit bis zu einer korrekten Diagnosestellung einer
Seltenen Erkrankung kann sich über mehrere Jahre erstrecken.
Patient*innen, bei denen der Verdacht auf eine Seltene Erkrankung
besteht, haben oft bereits einen langen und belastenden Weg durch das
Gesundheitssystem hinter sich. Bis heute ist wenig über die
Lebensqualität von Patient*innen mit Verdacht auf eine Seltene
Erkrankung bekannt. Ziel der vorliegenden Studie ist es, die gesundheitsbezogene
Lebensqualität sowie die wahrgenommene Stressbelastung von
Patient*innen mit Verdacht auf eine Seltene Erkrankung zu beschreiben
und mit populationsbasierten Referenzwerten zu vergleichen.
Methodik Achtzig Patient*innen mit Verdacht auf eine Seltene
Erkrankung wurden im Rahmen der bundesweiten Interventionsstudie
„ZSE-DUO“ rekrutiert und zu ihrer Lebensqualität und
wahrgenommenen Belastung anhand des SF-8 und des Distress-Thermometers inklusive
Problemliste befragt.
Ergebnisse Die befragten Patient*innen bewerteten alle acht
Dimensionen der Lebensqualität sowie die körperlichen und
psychischen Summenskalen des SF-8 signifikant niedriger als die
Allgemeinbevölkerung. Die wahrgenommene Belastung wurde signifikant
höher bewertet. Zudem gaben über 90% der Stichprobe
einen Wert im klinisch auffälligen Bereich an. Erschöpfung,
Schmerzen, eingeschränkte Mobilität sowie Sorgen und
Ängste wurden am häufigsten als konkrete Probleme genannt, mit
Anteilen jeweils zwischen 73 und 90% der Gesamtstichprobe.
Diskussion Im Vergleich zu deutschen Referenzdaten berichten
Patient*innen mit dem Verdacht auf eine Seltene Erkrankung eine massive
Beeinträchtigung ihrer Lebensqualität und eine hohe Belastung,
die besonders durch körperliche und emotionale Probleme gekennzeichnet
ist. Das Fehlen einer Diagnose könnte den hohen Anteil emotionaler
Probleme erklären, da durch diese eine Form der Legitimation des eigenen
Krankheitserlebens entstehen kann.
Schlussfolgerung Die vorliegenden Ergebnisse unterstreichen die dringende
Notwendigkeit der Forschung zu den psychosozialen Auswirkungen beim
möglichen Vorliegen einer Seltenen Erkrankung.