ZusammenfassungIn der modernen Gesellschaft trägt das Recht gleichermaßen zur Individualisierung (Subjektivierung) wie zur gesellschaftlichen Integration (Kohäsion) bei. Im vorliegenden Aufsatz wird dieser Zusammenhang auf die Rolle des Rechtssubjekts in der Marktgesellschaft zugespitzt. Die Marktgesellschaft ist dadurch charakterisiert, dass der Markt weniger in die normative Ordnung der Gesellschaft „eingebettet“ ist als dass die Gesellschaft vielmehr der Logik des Marktes zu folgen scheint. Anhand der Rio-Vorlesungen und der Gouvernementalitätsvorlesungen Michel Foucaults wird herausgearbeitet, inwieweit sich das Recht im modernen ‚Regierungsstaat‘, der sich gleichermaßen als Rechts- wie Wirtschaftsstaat verstehen lässt, in einem Spannungsfeld von (juridischer) Gerechtigkeit und (ökonomischer) Wahrheit bewegt. Der Ökonomisierung des Rechtsstaats entspricht dabei eine Ökonomisierung des Rechtssubjekts, welche sich als Umstellung vom Prinzip der Jurisdiktion (Rechtsprechung) auf das Prinzip der Wahrsprechung (Veridiktion) begreifen lässt. Damit ist nichts anderes als eine Verwissenschaftlichung klassischer Rechtsvorstellungen anhand der Kriterien der modernen Ökonomik gemeint. Das Rechtssubjekt wird auf diese Weise auf den Marktbürger zugeführt, der sich - als Einheit des Regierens wie des Selbstregierens - optimal in die Marktgesellschaft fügt. Dessen Selbstverständnis ist jedoch nicht nur von einer Liberalisierung, sondern spiegelbildlich auch von einer Naturalisierung der Gesetzmäßigkeiten geprägt, die mit dem Markt Einzug auch ins Recht erhalten haben.