Aufgrund einer Ermüdungs-Biegebeanspruchung kommt es in stärker beanspruchten Bereichen von Betonquerschnitten zu einer Materialdegradation und einer Steifigkeitsverringerung. Als Folge lagern sich Spannungen von den degradierten Bereichen in weniger degradierte Bereiche um. Dies führt auf der Bauteilebene zu einer Verlängerung der Lebensdauer der beanspruchten Strukturen. Die derzeit gültigen Normen [1][2][3] und Richtlinien [4] zur Bemessung von Windenergieanlagen berücksichtigen diese Effekte nur unzureichend. Um das Materialverhalten von Beton unter Ermüdungsbeanspruchung zu erforschen, wurde in der Vergangenheit eine Vielzahl von Versuchen an zylindrischen Probekörpern durchgeführt [5-9]. Die Ergebnisse von Versuchen an kleinformatigen Proben geben jedoch keinen direkten Rückschluss auf das Materialverhalten bei realen Bauteilgeometrien, da Effekte wie z. B. Spannungsumlagerungen in axial beanspruchten Zylinderproben nicht in demselben Maße auftreten. Aus diesem Grund führt das Institut für Massivbau der Leibniz Universität Hannover großformatige Ermüdungsversuche an vorgespannten Betonbalken durch. Hierbei wird eine rein vertikale Ermüdungsbeanspruchung durch paarweise gegenläufig ausgerichtete Unwuchtmotoren aufgebracht, die nahe der ersten Biegeeigenfrequenz des Balkens rotieren. Durch Ausnutzen des Resonanzphänomens kann die von den Unwucht motoren im Balken erzeugte Biegebeanspruchung überhöht und so das gewünschte Beanspruchungsniveau erreicht werden. Diese Versuche werden in einem numerischen Modell nachgebildet, um so einen genaueren Einblick in die Steifigkeitsveränderungen im Querschnitt sowie die daraus folgenden Spannungsumlagerungen zu erhalten. Auf diese Weise können Erkenntnisse gewonnen werden, die eine wirtschaftlichere Bemessung von ermüdungsbeanspruchten Betonbauteilen erlauben. 2 Theoretischer hintergrund 2.1 materialverhalten unter Ermüdungsbeanspruchung Das Materialverhalten von Beton unter einstufiger einaxialer Druckschwellbeanspruchung wurde bereits in vielen Versuchsreihen untersucht [5-9]. Die Ergebnisse zeigen, dass sich unter einstufiger einaxialer Ermüdungsbeanspruchung ein charakteristischer S-förmiger Dehnungsverlauf einstellt. Holmen [6] vermutet eine Degradation der Probekörpersteifigkeit als Ursache für dieses Phänomen. In verschiedenen Versuchen an Betonzylindern wurde eine Abnahme des Elastizitätsmoduls mit einem ähnlichen S-förmigen Verlauf bestätigt [6, 10, 11]. In anderen Untersuchungen wurde herausgefunden, dass die Bruchdehnung der Probekörper bei Versuchen mit niedrigerer Belastungsfrequenz und damit längerer Belastungsdauer größer ist als bei solchen mit kürzeren Belastungsdauern [12, 13]. Daraus schließen die Autoren, dass Mithilfe eines Resonanzprüfstands werden vorgespannte Betonbalken bis in den Very-High-Cycle-Fatigue Bereich auf Ermüdung beansprucht. Es werden großformatige Probekörper untersucht, sodass im Vergleich zu üblichen Probekörpergrößen Effekte wie lokale Steifigkeitsänderungen und Spannungsumlagerungen abgebildet werden können, die einen positiven ...