Einfluß der Paarbeziehung auf Symptomatik und Therapieeffekte bei Agoraphobie: Eine empirische Studie unter Anwendung des Camberwell Family Interview

Abstract

Methodische Probleme bei der Operationalisierung von Beziehungs-variablen führten zu widersprüchlichen Resultaten bei der Untersuchung des Einflusses von Eheproblemen auf Entstehung und Verlauf einer Agoraphobie. In der vorliegenden Studie wurde erstmals das Camberwell Family Interview (CFI) angewandt, um Gefühle und Einstellungen der Partner zueinander zu erheben. Zusätzlich wurden herkömmliche Eheselbstratings (MHS, DAS) eingesetzt. 25 Agoraphobikerlnnen und deren Partnerlnnen wurden vor einer manualgeleiteten Selbst-Exposition interviewt. Der Symptomverlauf wurde von Pr-äTherapie bis zum (1- bis 2-Jahres-)Follow-up festgehalten. Folgende Ergebnisse wurden gefunden: 1. CFI-Daten der Patienten (hohe Kritik am Partner) korrelierten signifikant mit der Schwere der Agoraphobie vor Therapiebeginn. 2. CFI-Daten der Patienten und Partner (hohe gegenseitige Kritik) erwiesen sich als Therapieerfolgsprädiktoren. 3. Die üblichen Eheselbstratings konnten diese Zusammenhänge nicht nachweisen. 4. Bei Therapierespondern aus «kritischen Paarbeziehungen» kam es während der Follow-up-Phase gehäuft zu bedeutsamen «spontanen» Veränderungen in der Zweierbeziehung, wobei offensichtlich vorbestehende soziale Fertigkeiten eingesetzt wurden. Diese Ergebnisse bedürfen der Replikation und besserer statistischer Absicherung. Sie unterstützen jedoch nachhaltig die Hypothese, da Beziehungsvariablen – wenn sie adäquat erhoben werden – Entstehung und Verlauf einer Agoraphobie in Abhängigkeit vom Ausmaß sozialer Ängste und Defizite beeinflussen.

Führt Verhaltenstherapie zu Partnerschaftsproblemen? Eine Befragung von erfahrenen und unerfahrenen Therapeuten

“…Das Problem betrifft aber offensichtlich auch Therapeuten selbst. So berichteten Buckley et al [1981] Peter et al [1993], dass nach einer erfolgreichen verhaltenstherapeutischen Behandlung der Angstsymptomatik häufig eine Verschlechterung der Partnerschaftsqualität zu finden ist, während andere Untersuchungen keine Hinweise auf eine Verschlechterung dieses Parameters in Folge der Reduktion der Angstsymptomatik fanden [Arrindell et al, 1986;Himadi et al, 1986;Monteiro et al, 1985]. Möglicherweise sind die Differenzen der Ergebnisse auf unterschiedliche Komorbiditäten zurückzuführen.…”

Interaktionsstile von Agoraphobikerinnen und deren Partnern – Eine Untersuchung unter Verwendung des Kategoriensystems für Partnerschaftliche Interaktion (KPI)

“…Trotz der intensiven wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der Paarbeziehung von Agoraphobikern gibt es nur wenig Information über den Einfluß einer ausschließlichen Paartherapie auf die Angstsymptomatik. Nur eine Studie überhaupt [Cobb et al, 1980] Graceley, 1988;Peter et al, 1993;Schwehm, 1990] war eine schlechtere Ehequalität vor der Therapie mit einem besseren Erfolg einer Expositionsbehandlung verbunden. Chambless und Mitarbeiter erklärten das gute Abschneiden der eheunzufriedenen Patienten mit erfolgreichen Interventionen im Partnerschaftsbereich.…”

“…Chambless und Mitarbeiter erklärten das gute Abschneiden der eheunzufriedenen Patienten mit erfolgreichen Interventionen im Partnerschaftsbereich. Die Daten der eigenen Arbeitsgruppe [Peter und Hand, 1988;Peter et al, 1993] [Jäckel, 1980]. Theoretischen Überlegungen zufolge wird in der Agoraphobieforschung das Validitätspro-blem der Eheselbstratings aufgrund paardynamischer BesonVerhaltenstherapie 1998;8:170-179 Interaktionsstile von Agoraphobikerinnen und deren Partnern derheiten zusätzlich verschärft.…”

“…In solchen Fällen müßten die Patientinnen und deren Partner die Ehe «beschönigt» darstellen und bestehende Probleme leugnen bzw. gar nicht mehr wahrnehmen [Hand et al, 1977] [Arnow et al, 1985;Craske et al, 1989], in denen die Paarinteraktion mittels eines Ratingverfahrens (Marital Interaction Coding System, MICS) [Hops et al, 1972] Hand, 1988;Peter et al, 1993], die erstmals das Camberwell Family Interview (CFI) [Brown und Rutter, 1966;Vaughn und Leff, 1976] [Bebbington und Kuipers, 1994] und depressiven Patienten [Peter et al, 1993]. Eine Besonderheit dieses Projektes ist der gleichzeitige Einsatz des CFI und des Kategoriensystems für Partnerschaftliche Interaktion (KPI) [Hahlweg et al, 1984] [Kaiser et al, 1998] durchgeführt.…”

“…Das Kritikverhalten der Agoraphobikerpartner weicht außer-dem deutlich von dem in anderen klinischen Populationen ab. In zwei weiteren CFI-Studien war die Kritik der Partner von depressiven Patientinnen Vaughn und Leff, 1976] doppelt so hoch wie die der Partner von Agoraphobikerinnen [Peter et al, 1993], so daß die Möglichkeit eines störungsspezifischen Interaktionsmusters plausibel erscheint. Die Annahme der Spezifität von Beziehungs-und Interaktionsmustern bei «agoraphobischen Paaren» wird seit vielen Jahren von etlichen Autoren [Bowlby, 1973;Fry, 1962;Goldstein und Chambless, 1978;Hafner, 1977;Hafner, 1979;Hafner, 1986] postuliert, ohne daß Belege aus kontrollierten Studien hierfür vorlagen.…”