Zusammenfassung
Ziel der Studie Untersuchung der Effekte eines
störungsspezifischen Trainings zur Schmerzkompetenz und
Depressionsprävention auf psychologische und arbeitsbezogene Kennwerte
bei chronisch unspezifischem Rückenschmerz in der stationären
verhaltensmedizinisch orthopädischen Rehabilitation im
2-Jahresverlauf.
Methodik In dieser prospektiven randomisierten kontrollierten
Multicenterstudie wurden die Effekte des Schmerzkompetenztrainings mit und ohne
Depressionsprävention auf die Depressivität (Allgemeine
Depressionsskala; ADS; primärer Outcome), Angst (Hospital Anxiety and
Depression Scale), schmerzspezifische Selbstwirksamkeit (Fragebogen zur
Erfassung der schmerzspezifischen Selbstwirksamkeit) und die Gefährdung
der subjektiven Erwerbsprognose (SPE; sekundäre Outcomes) bei
N=422 Rehabilitanden im Alter zwischen 32−64 Jahren aus vier
Rehabilitationskliniken in per protocol-Analysen überprüft. In
dem dreifaktoriellen Design mit einem Messwiederholungsfaktor wurde in der
experimentellen Bedingung zwischen der Kontrollgruppe (KG), die lediglich ein
Schmerzbewältigungstraining und Entspannungsübungen erhielt, von
der Interventionsgruppe (IG) unterschieden, die zusätzlich noch mit
einem Depressionspräventionstraining (Debora) behandelt wurde. Anhand
der ADS erfolgte eine Einteilung in ohne bzw. niedrige Depressivität
(ADS<23; n=208) und mittlere bzw. hohe Depressivität
(ADS ≥ 23; n=214). Der Messwiederholungsfaktor war
fünffach gestuft und umfasste folgende Messzeitpunkte:
Rehabilitationsbeginn, Rehabilitationsende, 6 Monate, 12 Monate und 24 Monate
nach Rehabilitationsende. Die per protocol-Ergebnisse der univariaten
2×2×5 Varianzanalysen wurden mit N=1225 multipel
imputierten Daten validiert.
Ergebnisse Im primären Outcome
„Depressivität“ ergaben sich keine signifikanten
Einflüsse der Bedingung über den 2-Jahresverlauf, jedoch
profitierten nur die Rehabilitanden mit dem kombinierten Training Debora in der
schmerzspezifischen Selbstwirksamkeit langfristig. Intention-to-treat-Analysen
sprechen für eine Überlegenheit von Debora in der
schmerzspezifischen Selbstwirksamkeit und Angst zur 24-Monatskatamnese.
Langfristig verbesserten sich ausschließlich Rehabilitanden mit hoher
Depressivität in der Depressivität oder sie profitierten in der
Angst mehr als Rehabilitanden mit niedriger Depressivität. Allerdings
zeigte sich insgesamt ein Rückgang der erzielten Verbesserungen von
Rehabilitationsende zur 24-Monatskatamnese.
Diskussion Die Ergebnisse unterstützen, dass das
störungsspezifische Depressionspräventionstraining für
eine langfristige Verbesserung der schmerzspezifischen Selbstwirksamkeit
erforderlich ist, die als wesentlicher psychologischer Schutzfaktor in der
Schmerzchronifizierung gilt. Befunde zur Depressivität untermauern die
Wirksamkeit der multimodalen Rehabilitation bei hoher Depressivität,
aber auch die große Bedeutung der frühzeitigen Behandlung der
depressiven Symptome.Schlussfolgerung Insgesamt
bekräftigen die Ergebnisse, psychotherapeutische Behandlungselemente und
hier vor allem kognitiv-behaviorale Methoden zu implementieren und
bedarfsgerecht anzubieten, um die langfristigen Effekte zu verbessern.