ZusammenfassungTrotz zunehmender Praxisanteile im Lehramtsstudium wird das an der Universität erworbene Wissen von angehenden Lehrkräften häufig als zu theoretisch und wenig hilfreich für die unterrichtliche Praxis empfunden. Insbesondere für das Handeln im Unterricht, bei dem fachspezifisches Wissen unter Zeitdruck angewendet werden muss, kann das erworbene Professionswissen oftmals nicht effektiv genutzt werden. In der Lehramtsausbildung gilt die Unterrichtsreflexion (d. h. Vorbereitung und Analyse sowie Nachbereitung von Unterricht) als zentrale Tätigkeit, bei der Lehrkräfte ihr (deklaratives) Professionswissen nutzen sollen, um das zukünftige unterrichtliche Handeln zu antizipieren und passende Handlungsoptionen zu generieren. Es wird hierbei angenommen, dass eine umfassende Befähigung zur Unterrichtsreflexion – hier definiert als reflexive Kompetenz – einen positiven Effekt auf die Befähigung zur spontanen Wissensanwendung im Unterricht – hier definiert als aktionsbezogene Kompetenz – hat. Quantitative empirische Studien zu dieser Hypothese gibt es jedoch kaum. Folglich wurden in der vorliegenden Studie Zusammenhänge zwischen deklarativem mathematischem Professionswissen (fachliches und fachdidaktisches Wissen), reflexiver Kompetenz und aktionsbezogener Kompetenz bei N = 251 angehenden und praktizierenden Mathematiklehrkräften untersucht. Die Ergebnisse zeigen substanzielle positive Korrelationen zwischen dem mathematischen Professionswissen, der reflexiven und der aktionsbezogenen Kompetenz. Insbesondere korrelieren die reflexive und aktionsbezogene Kompetenz moderat bis hoch miteinander. Der direkte Effekt von mathematischem Professionswissen auf die aktionsbezogene Kompetenz wird partiell durch die reflexive Kompetenz mediiert. In der Teilstichprobe aus Lehramtsstudierenden (n = 116) ist diese Mediation vollständig. Mögliche Implikationen für die Professionsforschung und Lehramtsausbildung werden diskutiert.