Sexueller Kindesmissbrauch (SKM) ist in Deutschland und international recht weit verbreitet und hat oft schwerwiegende und langfristige Folgen für die Betroffenen. Wie Öffentlichkeit und Politik das gesellschaftliche Problem des sexuellen Kindesmissbrauchs wahrnehmen und welche Präventions- und Interventionsansätze verfolgt werden, hängt maßgeblich auch von der medialen Berichterstattung ab. Hier zeigt die bisherige kommunikationswissenschaftliche Forschung sowohl Stärken als auch Schwächen medialer SKM-Repräsentationen auf: Einerseits tragen Medien dazu bei, sexuellen Kindesmissbrauch aufzudecken, Betroffenen eine Stimme zu geben und die Öffentlichkeit zu sensibilisieren. Andererseits wird oft klischeehaft und reißerisch berichtet, zuweilen zum Schaden der Betroffenen. Die Forschung zu Inhalten und Qualitätsmerkmalen medialer Berichterstattung über sexuellen Kindesmissbrauch hat einen wichtigen Aspekt bislang völlig ausgeblendet, nämlich die Verwendung von Bildern. Dabei ist die Ikonografie (d. h. die Menge der typischen Bildmotive für ein Thema) ein wichtiges Element medialer Berichterstattung, sie generiert Aufmerksamkeit und Emotionen. Hier setzt die vorliegende Studie an. Sie beantwortet folgende Forschungsfragen: Wie oft werden in der Presseberichterstattung über sexuellen Kindesmissbrauch Symbolbilder genutzt und welche Bildmotive kommen dabei zum Einsatz? Ergänzend wird auch untersucht: Wie oft werden in Präventionsmaterialien von Fachberatungsstellen zu sexuellem Kindesmissbrauch Symbolbilder genutzt und mit welchen Bildmotiven wird dort gearbeitet? Um die jeweiligen Ikonografien des sexuellen Kindesmissbrauchs herauszuarbeiten, wurden eine Stichprobe von N = 1437 deutschsprachigen Online-Presseartikeln über SKM sowie eine Stichprobe von N = 230 deutschsprachigen SKM-Präventionsmaterialien gezogen und die dort enthaltenen Symbolbilder jeweils separat einer standardisierten Bildinhaltsanalyse unterzogen. Es zeigte sich, dass 29.2 % der Online-Presseartikel und 62.0 % der Präventionsmaterialien Symbolbilder nutzten. Die analysierten 419 SKM-Symbolbilder der Presse orientieren sich am Framing der Kriminalberichterstattung und visualisieren 1. Tatkontexte, 2. Tathergang und Beteiligte sowie 3. Tatfolgen für die Beteiligten. Für die Präventionsmaterialien war anhand von 450 Symbolbildern eine SKM-Ikonografie nachweisbar, die sich am Framing der Präventionsansätze orientiert und 1. Primärprävention, 2. Sekundärprävention und 3. Tertiärprävention abbildet. Der Beitrag vergleicht die beiden SKM-Ikonografien, diskutiert die Bildtypen kritisch im Hinblick auf Kriterien der Medienqualität und Medienethik und unterbreitet Verbesserungsvorschläge.