Zusammenfassung
Im deutschsprachigen Raum hat sich der Befund verfestigt, dass Lehrpersonen Forschungsergebnisse tendenziell als interessant einschätzen, diese aber kaum zur Änderung ihrer Unterrichtspraxis nutzen. Aus Sicht von Bildungspolitik, Bildungsadministration und Bildungsforschung, die einer Evidenzbasierung pädagogischer Praxis zuarbeiten, kann ein solcher Umgang mit Forschungsergebnissen nicht als gelungen bewertet werden. Der Beitrag präsentiert eine Möglichkeit, wie sich die Nutzung von Forschungsergebnissen durch Lehrpersonen vertiefend analysieren lässt. Dazu wurde in einer Interviewstudie die Differenz von normativem und theoretischem Anspruch einerseits und dessen praktischer Umsetzung andererseits untersucht. Aufgegriffen wurde dabei die Leitdifferenz der Praxeologischen Wissenssoziologie, diejenige zwischen propositionaler und performativer Logik. Empirisch zeigen sich diese Logiken als Theorien von Lehrpersonen über Forschungsergebnisse einerseits, als Habitus der Gestaltung unterrichtlicher Interaktion andererseits. Es wird exemplarisch dargelegt, wie bestimmte Relationen von Theorien und Habitus eine Relevanzsetzung von Forschungsergebnissen durch Lehrpersonen verhindern bzw. ermöglichen.