ZusammenfassungTrotz des Strukturwandels in der Landwirtschaft hat sich die bäuerliche Lebensform der Mehrgenerationenfamilie in Österreich weitgehend erhalten. Allerdings stellt sich die Frage, wie sich diese Lebensform zu den tiefgreifenden Individualisierungstendenzen, die moderne Gesellschaften durchziehen, verhält. Anhand von 30 Interviews und einer österreichweiten Umfrage unter 269 Betriebsleiterinnen und -leitern untersucht der vorliegende Artikel, wie die Generationenbeziehungen von Alt und Jung wahrgenommen werden. Dazu greift der Beitrag auf soziologische Konzepte der Generationensolidarität, des Generationenkonflikts und der Ambivalenzen in den Generationenbeziehungen sowie auf die historische Familienforschung zurück. Die Analyse, die auch die Geschlechterverhältnisse mit einbezieht, zeigt eine Kontinuität der Familiensolidarität, zugleich aber einen erheblichen Wandel der Solidaritäts- und Konfliktmuster. Als charakteristisch für das bäuerliche Milieu zu Beginn des 21. Jahrhunderts erweisen sich der Wandel von der verpflichtenden zur freiwilligen Generationensolidarität, von traditionellen Abhängigkeitsverhältnissen zu einer autonomeren Lebensführung sowie mehr Privatsphäre und vom patriarchalen Gehorsam zur egalitären Familienkommunikation.