ZusammenfassungIn zahlreichen Untersuchungen konnten geschlechtsspezifische Unterschiede im Lesen bei Kindern im Grundschulalter belegt werden. Im Detail weisen Mädchen im Vergleich zu Jungen sowohl bessere Leistungen als auch eine höhere Motivation und stärker ausgeprägte Selbstkonzepte auf. Diese leistungsbezogenen Unterschiede wie auch differente Erwartungen, die Lehrerinnen und Lehrer an Mädchen und Jungen im Leseunterricht stellen, können zu einem unterschiedlichen Feedbackverhalten führen, das sie gegenüber Schülerinnen und Schülern zeigen. In der vorliegenden Untersuchung wird der Frage nachgegangen, ob Mädchen und Jungen sich vor diesem Hintergrund in der Wahrnehmung des erteilten positiven und negativen Feedbacks ihrer Lehrkräfte im Leseunterricht unterscheiden. Zusätzlich wird untersucht, ob und inwiefern Unterschiede in dem von Grundschulkindern perzipierten Feedback ihrer Lehrkräfte über ihr Geschlecht, ihre Leistungen, ihre Motivation, sowie ihre Selbstkonzepte erklärt werden können. Dabei wurden N = 665 Schülerinnen und Schüler der dritten und vierten Jahrgangsstufe zu dem von ihnen perzipierten positiven und negativen Feedback ihrer Lehrkräfte im Leseunterricht der Grundschule befragt. Darüber hinaus wurden Instrumente zum lesebezogenen Selbstkonzept, zur intrinsischen Lesemotivation und zum Leseverständnis der Kinder eingesetzt. Die Untersuchungsbefunde belegen, dass Mädchen im Vergleich zu Jungen signifikant häufiger positives Feedback und signifikant seltener negatives Feedback ihrer Lehrkräfte im Leseunterricht der Grundschule wahrnehmen. Insgesamt zeigt sich, dass sich geschlechtsspezifische Unterschiede im wahrgenommenen positiven und negativen Feedback von Grundschulkindern stärker über leistungsbezogene Variablen als über ihr Geschlecht erklären lassen.