Der Forschungsstand im Bereich der Rechtsgeschichte in Frankreich ist abhängig von Bildungs-sowie Forschungsstrukturen. Durch ihren juristischen Inhalt und die von ihr für die Juristenwelt dargebotenen Perspektiven stellt die Rechtsgeschichte einen äußerst ertragreichen Forschungsgegenstand für die juristischen Fakultäten dar. Aufgrund des breiten Spektrums an Quellen wird ihr auch besondere Aufmerksamkeit von den Historikern der geisteswissenschaftlichen Fakultäten geschenkt. Diese beiden Herangehensweisen stellen eine unermessliche Bereicherung für die Historiografie dar. Obwohl diese beiden Ansätze lange Zeit gegenläufig waren (und es auch heute noch, zumindest manchmal, zu Missverständnissen kommt), sind die Antworten der Rechtshistoriker und Historiker von gegenseitigem Nutzen, was zu einer Verbesserung des Forschungsstandes führte. Lange Zeit haben die Juristen, die Meister der "etatistischen" Vision der Rechtsprechung, "außerstaatlichen" Verfahren der Rechtsprechung keine Beachtung geschenkt. Es entwickelte sich eine Idee innerhalb der juristischen Fakultäten, laut welcher die Rechtsprechung im wahrsten Sinne des Wortes ausschließlich von den an die Staatsmacht gebundenen Institutionen gesichert werden konnte; dies bedeutete, dass die Qualität der Rechtsprechung mit fortschreitender Macht des Staates stieg. Diese Annahme entsprang der positivistischen Denkweise des 19. Jahrhunderts und es dauerte ein ganzes Jahrhundert, um sich von ihr zu befreien. Geisteswissenschaftliche Historiker schienen ihrerseits in den Rechts-und Gerichtsquellen, die sie konsultierten, nicht dieselbe Rechtsprechung zu finden, wie sie die Rechtshistoriker in ihren eigenen Quellen fanden. Sie erkannten eine weniger formelle Justiz in ihnen, die sich überwiegend dem Einfluss des Staates