Wer vom Kreuz redet, redet nicht von etwas Nebensächlichem in der christlichen Theologie. Schon sehr früh war das Kreuz Gegenstand theologischer Rede und des Nachdenkens, ja, man kann geradezu sagen, dass das skandalon des Kreuzes bei den frühen Christen Quelle und Motor war, um überhaupt so etwas wie Theologie, also Refl exion des Glaubens, zu entwickeln. Wer sich in Zukunft mit dieser Refl exion befassen will, mit dem Nachdenken der ersten Christengenerationen über das Kreuz, ist gut beraten, wenn er die Quellensammlung von Jean-Marc Prieur zur Hand nimmt. Dort fi ndet er die einschlägigen Texte in kompetenter Auswahl, mit deutschen Über setzungen und ein paar (allerdings sehr wenigen) erläuternden Anmerkungen. Wie bei anderen TC-Bänden auch sollte er freilich wissen, dass der vorliegende Band nur die Zeit der vornizänischen Kirche abdeckt. Er endet mit Laktanz. Das ist eine sinnvolle Abgrenzung, denn mit Konstantin und Euseb kommt tatsächlich einen ganz neue Note ins Spiel. Wie in anderen Bereichen auch wird im vierten Jahrhundert einerseits eine stärkere Egalisierung der Theologie stattfi nden (Etablierung von Standards der Orthodoxie), doch andererseits wird die Funktionalisierung des Kreuzes als militärisches Siegeszeichen durch die imperiale Propaganda Konstantins auch eine wirklich neue Facette bringen.Dass dies alles ausgeklammert bleibt, ist, wie gesagt, sicherlich sinnvoll -die vornizänische Theologie ist auch so reich und vielgestaltig genug -, doch wäre es vielleicht gut gewesen, den Leser darüber von Anfang an besser zu informieren (wie etwa im Titel des TC-Bandes über die Taufe geschehen 1 ). Dass die im Titel genannte "Antike" die Spätantike (wie immer sie defi niert werden mag) nicht mehr enthält, ist nicht notwendigerweise selbsterklärend.Neben den Texten fi ndet der Leser eine Einleitung, die den Kreis der ausgewählten Texte abschrei ten und zu einem Gesamtbild zusammenführen möchte. Es ist wohltuend, dass dabei nicht die eine frühchristliche Theologie des Kreuzes etabliert werden soll, sondern der Verschiedenheit der Ansätze und Gedanken Rechnung getragen wird. Wenn freilich zum Schluss drei Haupttypen unterschieden werden, nämlich ein gnostischer, der das Kreuz leugnet, ein triumphalistischer, der das Kreuz "schönredet" und ein "paulinischer", der es gerade als Skandal ernst nimmt und zum Motor der Theologie macht (S. XXXIXf.) -wenn die Gewichtungen und Akzente so gesetzt werden, dann wird auch ein Stück des Eigeninteresses und des eigenen Hintergrundes des Verfassers deutlich, denn von Paulus zu Luther und Calvin ist es hier auf einmal nicht mehr sehr weit. Auch dies ist kein Nachteil, hätte aber vielleicht ebenfalls in etwas höherem Maße explizit gemacht werden können.Das Buch ist ursprünglich in französischer Sprache abgefasst (erschienen ebenfalls Bern 2006); leider kann man die deutsche Übersetzung von Ellen Pagnamenta nicht loben. Neben diversen ungelenken Ausdrücken, mitunter auch grammatischen Fehlern (der Traktat, S. XXX; die Epitome, S. XXVI; das Corpus, S. XXVI), begegnen auch sinn...