Zusammenfassung
In den vergangenen Jahrzehnten hat sich, vor allem im globalen Süden, ein Diskurs über „Straflosigkeit“ entwickelt, der zahlreiche Ähnlichkeiten und Assoziationen mit dem über „Korruption“ aufweist. Der Artikel hellt theoretisch die – oft unterstellte, aber kaum je analytisch beleuchtete – Beziehung zwischen beiden auf. Dazu werden zunächst vier verbreitete Annahmen über die Art der besagten Beziehung und anschließend vier Gemeinsamkeiten identifiziert, die diese Annahmen einen. Um für die Gemeinsamkeiten eine soziologische Erklärung zu geben, wird eine Reihe von systemtheoretischen Theoremen zur Anwendung gebracht, wobei die Argumentation in drei Schritten verfährt: Korruption und Straffreiheit werden als Verstöße gegen zwei verschiedene Formen von Entscheidungsprogrammen dargestellt; diese beiden Arten von Programmen werden mit den Funktionssystemen Politik und Recht verknüpft und schließlich wird die Unterscheidung zwischen beiden Phänomenen als semantische Differenzierung ausgelegt, die der strukturellen Differenzierung der genannten Funktionssysteme auf der Ebene der Weltgesellschaft nachfolgt.