Verwaltungsstäbe waren bislang Gegenstand von Analysen dilctatorialer Regime oder Demokratien mit schwacher Parteienstruktur (USA). Der Beitrag versucht den Weber'schen Typus der Verwaltungsstäbe auf das politische System der Bundesrepublik am Beispiel des sog. Systems Kohl auszuweiten. Im Mittelpunkt steht das Spannungsverhältnis von Personalisierung und Institutionalisierung. Die These ist, dass hoch bürokratisierte Staatsapparate und Massenparteien in parlamentarischen Systemen der Öffnung von Willkürräumen für den Kanzler und Parteiführer nicht widersprechen. Es erfolgt eine Art Zweiteilung, die Erledigung des politischen Routinegeschäfts wird durch die Regelorganisation der Regierung bzw. Partei geleistet, gleichzeitig erfolgt eine Auslagerung politisch wichtiger Sachverhalte aus der Regelstruktur heraus in personalistisch kontrollierte Einzelkontakte. Deren Steuerung erfolgt über einen dezidierten personalistischen Machtanspruch. Als wichtigste Merkmale werden Verparteilichung, Personal isierung, die "politische Tischgemeinschaft", Verpfründung und "Bimbes" behandelt. Einleitung Am 5. November 1999 erging ein Haftbefehl der Augsburger Staatsanwalt gegen den ehemaligen Bundesschatzmeister der CDU, Walther Leisler Kiep, wonach dieser vom Waffenhändler Schreiber eine Million DMark entgegengenommen und nicht versteuert haben soll. Leisler Kiep stellt sich der Justiz und behauptet, dass es sich um eine Parteispende für die CDU gehandelt habe. Nachdem sich Vorwürfe und Anschuldigungen über geheime Konten verstärkten, räum-te Helmut Kohl Mitte Dezember 1999 öffent-lich ein, bis zu zwei Millionen D-Mark illegal persönlich in Empfang genommen zu haben. Der Ex-Kanzler weigerte sich aber die Namen der Spender zu nennen, da er diesen sein "persönliches Ehrenwort" gegeben habe. Anfang 2000 gibt Helmut Kohl seinen Ehrenparteivorsitz in der CDU zurück, gleichzeitig werden weitere Spendenskandale in Hessen bekannt. Der neue CDU-Vorsitzende, Wolfgang Schäuble, räumt nachträg-lich ein, ebenfalls vom Waffenhändler Schreiber eine Spende entgegen genommen zu haben. Nachdem der politische Druck auf Schäuble massiv zugenommen hat, wird er im März 2000 auf einer CDU-Präsidiumssit-zung gestürzt. Innerhalb von sechs Monaten erleidet die CDU ihre schärfste politische Krise, in deren Folge der CDU-Vorsitzende zurücktritt und eine völlig neue Parteifiihrung gewählt wird, die mit den in der CDU bislang üblichen Rekrutierungsmechanismen bricht. Dreh-und Angelpunkt dieses politischen Skandals bildet das "System Kohl" mit seinem undurchschaubaren Geflecht persön-licher Beziehungen und Abhängigkeitsver-hältnisse. Im Wesentlichen war dieses System mit seinem personalistischen Machtanspruch durchaus bekannt. Phyllis Berry analysierte schon 1989 vergleichend die Leitung des Bundeskanzleramtes unter den Bundeskanzlern Helmut Schmidt und Helmut Kohl und kam zu dem Ergebnis, dass Kohls 375 * Überarbeitete Fassung eines Vortrags, der auf der Sitzung der Sektion Politische Soziologie ("GuteHirten" oder "parasitäre Cliquen"?) des 30. Kongresses der ...