Einleitung Es gilt allgemein als gesichertes Wissen, daB die Sonne und alle ubrigen Sterne (abgesehen von speziellen, nur kurz andauernden Phasen in der Sternentwicklung) die Energie, die sie von ihrer Oberflache abstrahlen, durch Kernfusion, also durch Verschmelzung leichterer chemischer Elemente in schwerere beziehen. In der Tat beruht das gesamte Gebaude der nuklearen Astrophysik auf dieser plausiblen Annahme. Der direkte experimentelle Beweis dafur stand allerdings bisher noch aus. Da die Beobachtung der von der Oberflache der Sonne emittierten Strahlung keine direkten Schlusse auf die Energieerzeugungsprozesse im Sonneninneren erlaubt, besteht die einzige Moglichkeit fur diesen Beweis im Nachweis der Neutrinos, die in einigen der in der Sonne ablaufenden Fusionsreaktionen erzeugt werden sollten. Fur diese aufwendigen und schwierigen Experimente gibt es allerdings noch eine weitere wichtige Motivation: Sie bieten unter Umstanden die einzige Moglichkeit, etwas uber bestimmte Eigenschaften des Elementarteilchens Neutrino, wie zum Beispiel seine Ruhmasse oder sein magnetisches Moment, zu erfahren. Die bisher vergeblichen Versuche, diese Eigenschaften in terrestrischen Experimenten zu bestimmen, geben AnlaB zu der Vermutung, daB Auswirkungen dieser Eigenschaften eventuell nur uber astronomische Distanzen zwischen Neutrinoquelle und Detektor meBbar werden. Die Sonne als ganz normaler Hauptreihenstern sollte nach dem oben gesagten ihre Energie aus der Fusion von Wasserstoff in Helium beziehen. Bei den Temperaturen, die man nach dem sogenannten Standard-Sonnenmodell (SSM) im Sonneninneren envartet, Iauft diese Fusion hauptsachlich uber den Proton-Proton-Zyklus ab, an dessen Beginn die Verschmelzung zweier Protonen zu einem Deuteriumkern unter Emission der sogenannten pp-Neutrinos (0-0,42 MeV) Nach vieljahriger Vorbereitungszeit hat das Europaische GALLEX-Sonnenneutrino-Experiment Anfang Juni diesen Jahres die ersten Ergebnisse veroffentlicht. Der vorlaufige MeBwert (83 4 21 SNU) muB einen wesentlichen Beitrag der sogenannten pp-Neutrinos enthalten. Damit konnten zum ersten Ma1 die Neutrinos nachgewiesen werden, die am Beginn der Fusion von Wasserstoff zu Helium entstehen und deren FluR untrennbar mit der Energieerzeugung in der Sonne verbunden ist. Auf der anderen Seite ergibt das GALLEX-Resultat, wie die bisherigen Experimente auch, ein Defizit gegeniiber der Standard-Sonnenmodell-Vorhersage (132 SNU). Der Grund hierfiir ist nach wie vor unklar. Die gegenwartigen Daten aller Experimente zusammengenommen deuten allerdings darauf hin, dan die Losung eher in einer Abkehr vom Standard-Modell der Teilchenphysik als in einer Revision des Standard-Sonnenmodells zu suchen ist.