Die Rolle, die deutsche Aufklärer in der Sprach-und Kulturvermittlung in Estland, Livland und Kurland spielten, war seit jeher ein Thema verschiedener kulturhistorischer Disziplinen, auch wenn diese Frage nicht unbedingt im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stand. Seit einiger Zeit hat das Thema aber Konjunktur, und es ergeben sich neue Forschungsfragen und Perspektiven wie die Aufarbeitung des Aufklärungskontexts im Rahmen wissenschaftlicher Biographien 1 , die Einbeziehung Livlands, Estlands und Kurlands in den Raum der deutschen Rechtsgeschichte 2 oder die Erschließung der zahlreichen Personen, die als auswärtige Studenten an deutschen Universitäten studierten oder aber als Absolventen den Weg in die Ostseeregionen außerhalb des Heiligen Römischen Reiches fanden. 3 Mit der immer genaueren Kenntnis der kultur-und ideengeschichtlichen Strukturen und Prozesse in dieser Region im 18. Jahrhundert geht nun auch jene kritische Hinterfragung der Aufklärung einher, die grundsätzlich bereits ein konstitutiver Teil der Aufklärungsforschung ist. Dem traditionellen Zivilisierungsnarrativ einer ‚deutschen Bildungsarbeit' 4 steht 1 Siehe dazu insbesondere die Habilitationsschrift von Indrek Jürjo, Aufklärung im Baltikum. Leben und Werk des livländischen Gelehrten August Wilhelm Hupel (1737-1819) (Quellen und Studien zur baltischen Geschichte 19), Köln/Weimar/Wien 2006. 2 Die Erschließung im Rahmen des Deutschen Rechtswörterbuchs der Heidelberger Aka-Die Erschließung im Rahmen des Deutschen Rechtswörterbuchs der Heidelberger Akademie der Wissenschaften hat bereits entsprechende Ergebnisse für die Aufklärung im Baltikum gebracht. Siehe dazu Ulrich Kronauer/Thomas Taterka (Hrsg.