Frauenpolitik und Kriminalpolitik der letzten 30 Jahre 1986, als das erste Opferschutzgesetz formuliert wurde, war noch nicht vorauszusehen, dass dieser Ansatz im 21.Jahrhundert die politischen Debatten bestimmen würde. Im Unterschied zum späteren österreichischen Modell (2008) des Opferschutzes dominiert in Deutschland die Nebenklage. Der Grund für diesen gesetzgeberischen Schritt war 1986 nicht die herrschende Meinung innerhalb der Strafrechtswissenschaft. Diese betonte lediglich den Schutzaspekt der neu einzuführenden Verletztenbeistände mit enumerativ aufzuzählenden Rechten. Den Anstoß in Richtung Nebenklage gab ein mittlerweile in Vergessenheit geratener Skandalprozess, an den hier erinnert werden soll. Es war dies der sog. Berliner "Gynäkologenprozess", den Gerhard Mauz im Spiegel Nr. 13/1986, S. 63 sarkastisch kommentierte. Solche Prozesse 1 einigten damals die Frauenpolitik geschlossen zum "Kampf" gegen patriarchales Denken. Daher wurde die Nebenklage in dieser und auch noch in der Folgezeit gestärkt 2 . Hinzu kam die Reform des materiellen Rechts. Ende der 1990er Jahre hatte eine die Fraktionen übergreifende Frauenliste zusammen mit Reformwilligen eine Mehrheit im Bundestag und das Sexualstrafrecht wurde A. 1 Künzel 2003 . Insb. in Teil II: Schule der Frauen oder Der Berliner "Gynäkologen-Prozess" (1984-1986) wird dieser spektakuläre Prozess zum Anlass genommen, einen Wendepunkt feministischen Denkens kulturwissenschaftlich zu beleuchten. Künzel verfolgt den Ansatz zu verdeutlichen, dass die zwei Berliner Gynäkologen, die für die Vergewaltigung einer Kollegin zunächst verurteilt und dann freigesprochen wurden, sich erfolgreich auf ihren Status als anerkannte Ärzte berufen konnten. Eine bürgerliche Fassade bei gestörtem Intimleben sei typisch für sozial angepasste Täter der Mittelschicht und erkläre die Tendenz zur Bagatellisierung in ihrem Umfeld. Diese Tendenz gelte es zu beenden. Erst dieser Hintergrund macht diesen Prozess rechtspolitisch so bedeutsam. Seit den 1980er Jahren wird "Gewalt gegen Frauen" zum Topos, der deutlich machen soll, dass "Vergewaltiger ganz normale Männer" seien. Damit ist zumindest ein Kapitel des Geschlechterkampfes eines über Vergewaltigung und sexuellen Missbrauch und so gesehen ist es auch konsequent, dass die Reform des materiellen Sexualstrafrechts und die Stärkung der Nebenklage mit so viel Aufmerksamkeit und bisweilen Verbissenheit betrieben wird. Es soll auf vielfältige Weise aktive Gegenwehr im sozialen Handeln und eben auch in konkreten Strafverfahren institutionalisiert werden. 2 Die Nebenklagevertreterinnen des Gynäkologen-Prozesses äußerten sich vehement und mit Zustimmung zur Nebenklage in: Burgsmüller & Goy 1985, 108ff. Später vertieften Nelles & Oberlies 1998. Die rechtswissenschaftliche Literatur dieser Zeit stand den aktiven Rechten der Nebenklage skeptisch gegenüber, hatte aber keinerlei Bedenken gegen eine Stärkung der Schutzrechte, was Nelles und Oberlies aber als paternalistisch ablehnten.THEMEN