Im klassischen Sinne bezeichnet man als Dominoreaktionen Reaktionsabläufe mit zwei oder mehr bindungsbildenden Schritten, in denen die nachfolgenden Transformationen unter identischen Reaktionsbedingungen an den in den vorhergehenden Reaktionen hergestellten Funktionalitäten stattfinden. [1,2] In einer solchen linearen Dominoreaktion beeinflusst der Verlauf der vorangehenden Reaktion somit stets auch den Ablauf der nachfolgenden Reaktionen (Abbildung 1 a). Unter diesen klassischen Domino-oder Kaskadenreaktionen haben sich vor allem enantioselektive, organokatalytische Sequenzen [3] seit der Wiederbelebung der Organokatalyse [4,5] mit beeindruckendem Tempo weiterentwickelt. Im Unterschied hierzu planten wir jedoch nun die Entwicklung eines neuen Typs von Dominoreaktion, die wir als "verzweigte Dominoreaktionen" bezeichnen mçchten (Abbildung 1 b). In diesem Falle wird ein gemeinsames Substratmolekül in zwei parallelen, voneinander unabhängig ablaufenden Reaktionen zunächst in zwei Intermediate überführt, die anschließend weiter miteinander zum gewünschten Endprodukt reagieren. Bei diesem Typ von Dominoreaktion sollte der erste Schritt keinen Einfluss auf den Verlauf des parallelen, zweiten Schrittes haben, wodurch sich die erreichbare Gesamtausbeute erhçhen lassen sollte und somit komplexe Produkte in effizienter und çkonomischer Art und Weise aus einer geringeren Zahl einfacher Substrate zugänglich werden. 2011 berichteten die Arbeitsgruppen von Wang [6] und Hayashi [7] unabhängig voneinander über eine durch Diphenylprolinoltrimethylsilylether (I) [8] katalysierte, enantioselektive b-Funktionalisierung von Aldehyden mittels Oxidation der aus dem Aminkatalysator und dem Aldehyd entstandenen Enamin-Intermediate zu elektrophilen Iminiumionen und nachfolgender nucleophiler Addition. Diese als "oxidative Enaminkatalyse" bezeichnete Umsetzung gelang mit o-Iodoxybenzoesäure (IBX) und 2,3-Dichlor-5,6-dicyan-1,4-benzochinon (DDQ) als Oxidationsmitteln zur Synthese der b-substituierten Produkte. Kurz darauf berichtete die Gruppe um Rueping von einer enantioselektiven, oxidativen Dominoreaktion, bei der ein Allylalkohol zunächst in situ durch MnO 2 zum Aldehyd oxidiert wurde und in der Folge mit hohen Ausbeuten und Enantioselektivitäten in Cyclopropanierungen und 1,4-Additionen weiterreagierte. [9] Jang und Mitarbeiter entdeckten in der Kombination eines Kupferkomplexes mit einem chiralen Amin ein Katalysatorsystem für die Umsetzung von Allylalkoholen zu enantiomerenangereicherten b-funktionalisierten Aldehyden. Hierbei wurde ebenfalls zunächst der Alkohol zum Aldehyd oxidiert, der daraufhin unter Iminiumkatalyse weiterreagierte. [10] Im Unterschied zu diesen Beispielen hatte es unsere jetzige Untersuchung jedoch zum Ziel, gleichzeitig und ausgehend von demselben Aldehyd sowohl Enamin-als auch Iminium-Intermediate in einer Kaskadenreaktion einzusetzen. Diese Umsetzung bençtigt folglich den Ablauf zweier paralleler Reaktionen zu Beginn der Reaktionskaskade (Schema 1).Wir berichten nun über eine "oxidative Enamin-katalysierte"...