EinleitungSunset Legislation -also die mit Evaluationspflichten verknüpfte Befristung von Gesetzen und anderen Rechtsnormen -ist ein Reforminstrument der Staats-und Verwaltungsmodernisierung, dessen erste Popularitätswelle bereits mehr als drei Jahrzehnte zurückliegt. In ihrem Ursprungsland USA zielten die in den 1970er und 1980er Jahren eingeführten Sunset-Vorschriften darauf ab, die parlamentarische Kontrolle der Exekutive zu verbessern. Heute hingegen wird in verschiedenen westlichem Industrienationen verstärkt darüber diskutiert, ob und inwiefern sich Befristungsvorschriften nutzen lassen, um die Ziele einer «besseren Rechtsetzung» (better regulation) zu unterstützen. Je nach Lesart wird die Idee von «Gesetzen mit Verfallsdatum» dabei als Ansatz zur Sicherstellung einer umfassenden Wirkungskontrolle von Gesetzen, als Verfahren zur Rechtsbereinigung und -vereinfachung, zur Unterstützung des Bürokratieabbaus oder der Deregulierung interpretiert. Der vorliegende Beitrag setzt sich mit diesen neueren Anwendungskontexten von Sunset Legislation auseinander und diskutiert die Frage, unter welchen Bedingungen und für welche politischen Ziele Befristungsklauseln sinnvoll eingesetzt werden können. Hierzu wird die Befristung von Gesetzen als ein Versuch interpretiert, zu bestimmten Zeitpunkten des politischen Prozesses ein erneutes, «künstliches» Agenda-Setting zu bewirken. Dabei wird davon ausgegangen, dass sich politische Entscheidungsfenster nicht «automatisch» öffnen, wenn Gesetze ineffektiv sind oder problematische Nebenwirkungen zeigen. Durch die Befristung wird erreicht, dass nach einem bestimmten Zeitraum der Gültigkeit einer Rechtsnorm erneut darüber entschieden werden muss, ob und wie diese Rechtsnorm weiter gelten soll. Diese Entscheidung kann aufgrund der Evaluation der Wirkungen -so die Idealvorstellung -auf besserer Informationsgrundlage gefällt werden. Die Anwendungspraxis zeigt jedoch, dass diese Erwartungen häufig nicht erfüllt werden können, da Befristungen zu Verlängerungsautomatismen führen und zusätzliche Bürokratie verursachen. Um dieses Spannungsfeld zwischen Potentialen und offensichtlich vorhandenen Restriktionen von Sunset Legislation zu verstehen, werden im Folgenden zentrale Erkenntnisse der Policy-Analyse zu Politikbeendigung und Evaluation mit einem kursorischen Überblick über die empirischen Erfahrungen mit Befristungs-und Evaluationsklauseln in vier Ländern (Schweiz, Deutschland, USA, Australien) verknüpft. Im letzten Teil des Aufsatzes wird herausgearbeitet, welche Ziele einer «besseren Rechtsetzung» durch Sunset Legislation unterstützt werden können. 168