Es ist eine große Herausforderung, Verbindungen mit planar tetrakoordiniertem Kohlenstoff zu synthetisieren, die so stabil sind, daß man sie isolieren und bei Normalbedingungen untersuchen und handhaben kann. Deshalb hat es viele Versuche gegeben, Kohlenwasserstoffgerüste so zu konstruieren, daß sie das tetrakoordinierte Kohlenstoffatom in seiner nichtnatürlichen planaren Koordinationsgeometrie aufnehmen und z. B. durch sterischen Zwang stabil halten könnten. Viel leichter kommt man offenbar zum Ziel, wenn man quadratisch‐planar umgebene Kohlenstoffatome elektronisch stabilisiert. Planar tetrakoordinierte Kohlenstoffatome sind sp2‐hybridisiert und durch ein Elektronenmangel‐σ‐System charakterisiert. Das zur σ‐Bindungsebene orthogonale p‐Orbital ist mit zwei Elektronen besetzt. Daher sind σ‐Donor/π‐Acceptorsubstituenten, und damit viele Metalle, prinzipiell in der Lage, diese nichtnatürliche Koordinationsgeometrie des tetrakoordinierten Kohlenstoffatoms elektronisch zu stabilisieren. Mittlerweile gibt es gut ausgearbeitete Wege zu sehr stabilen „Anti‐van't Hoff/Le Bel‐Verbindungen”︁, bei denen ein planar tetrakoordiniertes Kohlenstoffatom meist durch die gemeinsame Wirkung von zwei direkt gebundenen Metallatomen stabilisiert wird. Das „quadratisch‐planar”︁ umgebene Kohlenstoffatom ist dabei oft Teil eines Doppelbindungssystems. Typische stabilisierende Metallkombinationen sind Zirconium und Aluminium oder Zirconium und Bor. Aber es gibt auch Beispiele mit zwei Übergangsmetallen von der rechten Seite des Periodensystems. Darüber hinaus liegen mittlerweile verläßliche Abschätzungen zur Stabilisierung der planaren Tetrakoordination in solchen Verbindungen vor. Aus theoretischen und experimentellen Untersuchungen ergibt sich, daß in Zr/Zr+‐oder Zr/Al‐Verbindungen die planare Tetrakoordination des Kohlenstoffatoms ca. 12 bzw. 40 kcal mol−1 günstiger ist als die trigonal‐planare Koordination. Quadratisch‐planar koordinierter Kohlenstoff ist damit in Organometallverbindungen kein ungewöhnliches Strukturmerkmal mehr und muß häufiger als bisher als eine alternative strukturelle Möglichkeit in Betracht gezogen werden.