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Gleichwohl kann von einem "Ende der Sicherungsverwahrung" 1 nicht gesprochen werden, wohl aber von einer grundlegenden Neuorientierung. Nachdem in dieser Zeitschrift die Entwicklung bis zum Urteil des BVerfG von verschiedenen Autoren behandelt worden ist, 2 sollen in diesem Beitrag die Konsequenzen aus diesem Urteil und die Reformpläne zur Neugestaltung der Sicherungsverwahrung im Mittelpunkt stehen. I. Bisherige Entwicklung Die mit anderen Maßregeln der Besserung und Sicherung durch das Gewohnheitsverbrechergesetz vom 24.11.1933 ins StGB aufgenommene Sicherungsverwahrung wurde nach dem 2. Weltkrieg weitgehend unverändert in das deutsche Strafgesetzbuch übernommen. In den 50er-und 60er-Jahren dokumentierte die kriminologische Sanktionsforschung, dass die Sicherungs-verwahrung ganz überwiegend für gewaltlose Eigentums-und Vermögenstäter zur Anwendung kam, während Gewalt-und Sexualtäter nur zu einem geringen Teil erfasst wurden. Deshalb hat der Gesetzgeber die Sicherungsverwahrung im 1. StrRG mit Wirkung ab 1.4.1970 grundlegend verändert (damals § 42e StGB) und im 2. StrRG mit Wirkung ab 1.1.1975 inhaltsgleich in § 66 StGB übernommen. Um ihren Charakter als "letzte Notmaßnahme der Kriminalpolitik" deutlicher hervortreten zu lassen, wurden u. a. die materiellen Anordnungsvoraussetzungen der Sicherungsverwahrung erhöht ( § 66 I Nr. 3 StGB a.F.) und die erstmalige Vollstreckung der Sicherungsverwahrung auf zehn Jahre begrenzt ( § 67d I 1 StGB a.F.). Im Vergleich zu den 60er-Jahren gingen dadurch die Anordnungen seit Mitte der 70er-Jahre von über 200 auf 30 bis 50 pro Jahr zurück, ebenso die Zahl der an einem Stichtag untergebrachten Sicherungsverwahrten von über 1400 auf ca. 180 -210 in den 80er-und 90er-Jahren (s. Tab. 1 und Abb. 1, 2). Unter dem Eindruck zweier Sexualmorde an Kindern in den Jahren 1996 und 1997 hat das Gesetz zur Bekämpfung von Sexualdelikten und ande ren gefährli chen Straftaten vom 26.1.1998 (SexBG) eine Entwicklung eingeleitet, die -trotz Rückganges der Tötungsdelikte allgemein und der Sexualmorde an Kindern im Besonderen -in den Folgejahren zu einer Reihe von Gesetzesverschärfungen geführt hat, mit denen "Sicherheitslücken" im Bereich der Sicherungsverwahrung geschlossen werden sollten. Zunächst wurden in einem neuen § 66 III StGB die formellen Voraussetzungen herabgesetzt. Während bis dahin Sicherungsverwahrung erst bei der 3. gewichtigen Tat angeordnet werden durfte, kam sie nach dem neuen § 66 III StGB bei allen Verbrechen sowie bei gewissen Sexual-und Gewaltvergehen schon bei der ersten Rück fall-oder Wiederholungstat in Betracht. Außerdem wurden die Zehnjahresbegrenzung für die erste Sicherungsverwahrung gemäß § 67d III StGB rückwirkend beseitigt ( § 67d III i.V. mit § 2 VI StGB, Art. 1a III EGStGB) und die Anforderungen an die Aussetzung zur Schöch, Sicherungsverwahrung im Übergang
Gleichwohl kann von einem "Ende der Sicherungsverwahrung" 1 nicht gesprochen werden, wohl aber von einer grundlegenden Neuorientierung. Nachdem in dieser Zeitschrift die Entwicklung bis zum Urteil des BVerfG von verschiedenen Autoren behandelt worden ist, 2 sollen in diesem Beitrag die Konsequenzen aus diesem Urteil und die Reformpläne zur Neugestaltung der Sicherungsverwahrung im Mittelpunkt stehen. I. Bisherige Entwicklung Die mit anderen Maßregeln der Besserung und Sicherung durch das Gewohnheitsverbrechergesetz vom 24.11.1933 ins StGB aufgenommene Sicherungsverwahrung wurde nach dem 2. Weltkrieg weitgehend unverändert in das deutsche Strafgesetzbuch übernommen. In den 50er-und 60er-Jahren dokumentierte die kriminologische Sanktionsforschung, dass die Sicherungs-verwahrung ganz überwiegend für gewaltlose Eigentums-und Vermögenstäter zur Anwendung kam, während Gewalt-und Sexualtäter nur zu einem geringen Teil erfasst wurden. Deshalb hat der Gesetzgeber die Sicherungsverwahrung im 1. StrRG mit Wirkung ab 1.4.1970 grundlegend verändert (damals § 42e StGB) und im 2. StrRG mit Wirkung ab 1.1.1975 inhaltsgleich in § 66 StGB übernommen. Um ihren Charakter als "letzte Notmaßnahme der Kriminalpolitik" deutlicher hervortreten zu lassen, wurden u. a. die materiellen Anordnungsvoraussetzungen der Sicherungsverwahrung erhöht ( § 66 I Nr. 3 StGB a.F.) und die erstmalige Vollstreckung der Sicherungsverwahrung auf zehn Jahre begrenzt ( § 67d I 1 StGB a.F.). Im Vergleich zu den 60er-Jahren gingen dadurch die Anordnungen seit Mitte der 70er-Jahre von über 200 auf 30 bis 50 pro Jahr zurück, ebenso die Zahl der an einem Stichtag untergebrachten Sicherungsverwahrten von über 1400 auf ca. 180 -210 in den 80er-und 90er-Jahren (s. Tab. 1 und Abb. 1, 2). Unter dem Eindruck zweier Sexualmorde an Kindern in den Jahren 1996 und 1997 hat das Gesetz zur Bekämpfung von Sexualdelikten und ande ren gefährli chen Straftaten vom 26.1.1998 (SexBG) eine Entwicklung eingeleitet, die -trotz Rückganges der Tötungsdelikte allgemein und der Sexualmorde an Kindern im Besonderen -in den Folgejahren zu einer Reihe von Gesetzesverschärfungen geführt hat, mit denen "Sicherheitslücken" im Bereich der Sicherungsverwahrung geschlossen werden sollten. Zunächst wurden in einem neuen § 66 III StGB die formellen Voraussetzungen herabgesetzt. Während bis dahin Sicherungsverwahrung erst bei der 3. gewichtigen Tat angeordnet werden durfte, kam sie nach dem neuen § 66 III StGB bei allen Verbrechen sowie bei gewissen Sexual-und Gewaltvergehen schon bei der ersten Rück fall-oder Wiederholungstat in Betracht. Außerdem wurden die Zehnjahresbegrenzung für die erste Sicherungsverwahrung gemäß § 67d III StGB rückwirkend beseitigt ( § 67d III i.V. mit § 2 VI StGB, Art. 1a III EGStGB) und die Anforderungen an die Aussetzung zur Schöch, Sicherungsverwahrung im Übergang
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