Dtsch. Med. Wschr. 0 0 1 2 -0 4 7 2 2001; 126: 235-240 © Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York A k t u e l l e D i A k t u e l l e D IDie Krankheitsbilder und Stoffwechselstörungen, die zum metabolischen Syndrom zusammenfasst werden, sind entscheidende Faktoren in der Pathogenese der Atherosklerose (30) und tragen als Risikofaktoren für kardiovaskuläre und mikrovaskuläre Erkrankungen erheblich zur Morbidität und Mortalität in der Gesamtbevölkerung bei. Da sie sich schleichend entwickeln und -abgesehen von der Adipositas -im Frühstadium keine Beschwerden oder äußerlich erkennbaren Stigmata hinterlassen, werden sie oft erst erkannt, wenn Folgeerkrankungen schon eingetreten oder nicht mehr völlig zu verhindern sind.Das metabolische Syndrom folgt zwar keinem einfachen Mendelschen Erbgang, wird aber trotzdem zu einem beträchtlichen Teil genetisch determiniert. Daher sind Angehö-rige, insbesondere Nachkommen von Patienten besonders gefährdet, selbst zu erkranken.An noch gesunden Nachkommen von Erkrankten kann daher einerseits gut die Pathogenese und die frühe Krankheitsentwicklung studiert werden. Aufgrund des erhöhten Risikos bedürfen sie andererseits im Sinne einer präventiven Medizin besonderer Aufmerksamkeit. Gezielte Untersuchungen zur Identifikation von Risikopatienten sind in dieser Gruppe besonders effektiv.Der vorliegende Artikel fasst eine Auswahl der Erkenntnisse zusammen, die durch Untersuchungen an Nachkommen zur Pathogenese gewonnen wurden. Weiterhin werden Möglich-keiten der Früherkennung in der klinischen Praxis diskutiert. Als Grundlage für diese Überlegungen werden einige aktuelle Daten zur Heredität vorgestellt.
Heredität des metabolischen Syndroms Erkrankungsrisiko von NachkommenFür die arterielle Hypertonie hat eine klassische kanadische Adoptionsstudie geschätzt, dass 30% der Variabilität des Blutdrucks zwischen nicht verwandten Personen auf genetische Faktoren zurückgeht (2). Nachkommen von mindestens einem hypertensivem Elternteil haben ein zwei-bis dreifach erhöhtes Risiko, selbst eine Hypertonie zu entwickeln. Sind beide Elternteile betroffen, ist das Risiko etwa fünf-bis achtfach erhöht (28) im Vergleich zu Menschen mit normotensiven Eltern.Ganz ähnlich liegen die Zahlen bei Nachkommen von Diabetikern. In der Framingham-Offspring-Studie hatten Nachkommen einer diabetischen Mutter ein um den Faktor 3,4 erhöhtes Risiko, selbst an einem Diabetes mellitus zu erkranken. Bei Nachkommen eines diabetischen Vaters lag dieser Faktor mit 3,5 etwa gleich hoch, Nachkommen zweier diabetischer Elternteile hatten ein relatives Risiko von 6,1 (34) (s. auch Tab.1).Vergleichbare Daten liegen für die Adipositas vor (17). Weniger gut dokumentiert ist die Situation für die Dyslipidämie, die im Zusammenhang mit dem metabolischen Syndrom auftritt.Die genetische Zusammengehörigkeit der verschiedenen Stö-rungen zum metabolischen Syndrom wird unter anderem dadurch dokumentiert, dass sie familiäre Cluster bilden. In einer großen italienischen Studie an Familien mit mindestens einem Typ-2-Diabetiker wurde gezeigt, das...