Die traditionelle Beschreibung des hydrophoben Effekts, die auf entropischen Gesichtspunkten oder auf der Berechnung von lösungsmittelzugänglichen Oberflächen basiert, wird insbesondere durch neue Ergebnisse zu supramolekularen Wirt‐Gast‐Komplexen infrage gestellt. Dadurch können nun hydrophobe von dispersiven Wechselwirkungen separiert werden, wobei letztere vornehmlich in wässrigen Systemen von Bedeutung sind. Selbst die sehr hydrophoben Alkane werden allerdings nur dann stark gebunden, wenn die Kavität des Wirtes mit Wassermolekülen gefüllt ist, die nur eine kleine Zahl von Wasserstoffbrücken bilden können. Im Unterschied dazu bilden Wassermoleküle in der kondensierten Phase im Durchschnitt vier H‐Brücken, wie Röntgenstreuungsexperimente und neuere Rechnungen belegen. Daten für Komplexe von Cyclodextrinen, Cyclophanen und Cucurbiturilen zeigen, dass die Verdrängung des “High‐Energy”‐Kavitätswassers durch Komplexierung des Gastes eine bedeutende enthalpische Bindungstriebkraft ist, wobei Komplexierungsenthalpien von bis zu −100 kJ mol−1 erreicht werden. Wasserboxsimulationen untermauern diesen enthalpischen Wasserverdrängungseffekt, wobei dieser für Cucurbiturile bis auf 10 % Abweichung mit dem experimentellen Enthalpiewert übereinstimmt. Kavitäten synthetischer Rezeptoren, besonders solche ohne nach innen ausgerichtete, H‐Brücken bildende funktionelle Gruppen, sind dabei eher prädestiniert, einen High‐Energy‐Wassereffekt hervorzurufen, als diejenigen von Proteinen und Nukleinsäuren.