Hintergrund Patientinnen und Patienten mit einer Tumorerkrankung suchen zu einem sehr großen Teil neben ihrer konventionellen Behandlung nach zusätzlichen komplementärmedizinischen Therapieoptionen. Weltweit sind dies gemäß einer Metaanalyse der 152 Studien, die in den letzten nahezu 50 Jahren zu dieser Fragestellung durchgeführt worden sind, zwischen 40 % und 50 %. Dabei hat sich die Quote seit den 1970er-Jahren von 25 % auf heute über 50 % deutlich gesteigert. Die für Deutschland erhobenen Daten liegen dabei im Durchschnitt dieser Untersuchung [1]. Im Rahmen des von der Deutschen Krebshilfe geförderten Projektprogramms "Kompetenznetz Komplementärmedizin in der Onkologie (KOKON)" [2] wurde in einem Schwerpunktprojekt die Evaluation einer therapeutischen Beratung an knapp 2000 Krebspatienten und ihren Angehörigen durchgeführt. Das Therapieverfahren, das am häufigsten nachgefragt worden war, stellte die Misteltherapie dar. Im gesamten deutschen Sprachraum -also neben Deutschland auch in der Schweiz und in Österreich -ist das Interesse an der Mistel, insbesondere auf Patientenseite, erheblich. In der Schweiz ist die Misteltherapie, durchgeführt von Ärzten, eine Leistung der obligatorischen Grundversicherung. Die gesetzlichen Krankenversicherungen in Deutschland tragen die Kosten für die ärztlich verordneten Mistelpräparate derzeit in der Palliativsituation. In der adjuvanten Situation kann auch hier bei schlechter Ver-träglichkeit der antitumoralen Therapie die Kostenerstattung einer begleitenden Misteltherapie beantragt werden. Angesichts des hohen Interesses auf Patientenseite und der immer wieder erstaunlich kontroversen und oft sehr emotional geführten Diskussionen zur Misteltherapie auf der Seite der Verordner sollen im folgenden Text die relevanten Daten aus wissenschaftlichen Untersuchungen zu Viscum album L. thematisiert werden. Dabei werden zunächst die Botanik und Geschichte der Anwendung der Mistel bei malignen Erkrankungen zusammengefasst. Nach Vorstellung der verschiedenen im deutschen Sprachraum zugelassenen Präparate erfolgen eine kurze Darstellung der präklinischen Daten sowie eine dezidiertere Darstellung der Untersuchungen zur klinischen Wirksamkeit aus Studien und systematischen Reviews gefolgt von Daten zu unerwünschten Wirkungen, möglichen Interaktionen und zu erwartenden Therapiekosten. Die Diskussion kritischer Aspekte erfolgt jeweils im direkten Kontext. Der Text endet mit einem kurzen zusammenfassenden Fazit.