ZusammenfassungWährend die empirische Bildungsforschung literale Kompetenzen wie Lesen und Orthographie an weiterführenden Schulen recht umfassend in den Blick nimmt, gibt es vergleichsweise wenige Studien, die Texttiefenmerkmale untersuchen. Unser Beitrag analysiert instruktionale und argumentative Texte einer Stichprobe von Lernenden (N = 208) in Jahrgang 9 an nichtgymnasialen Schulformen und nimmt dabei differentielle Analysen nach Migrationshintergrund und Familiensprachen vor. Texttiefenmerkmale werden dabei mittels eines analytischen Diagnoseinstruments ausgewertet, das nach Struktur und Kohärenz unterscheidet. Ergänzend wird die Textqualität durch einen holistischen Vergleich der Texte (Comparative Judgement mit der Software Comproved®) bestimmt, zudem wurde die Textlänge erfasst. Hohe Korrelationen zwischen der analytischen Auswertung, dem holistischen Rating und der Textlänge bei insgesamt 415 Texten weisen darauf hin, dass Struktur und Kohärenz wichtige Aspekte der Textqualität sind. Die analytische Auswertung offenbart, dass im Bereich der Struktur fast alle Lernenden und im Bereich der Kohärenz etwa ein Drittel der Lernenden weniger als die Hälfte des theoretischen Maximums erreichen. Leistungsunterschiede zeigen sich nicht nur in den Bereichen Struktur und Kohärenz, sondern auch in der Auswertung der holistischen Textqualität sowie der Textlänge, zuungunsten von Lernenden mit Migrationshintergrund sowie insbesondere von Lernenden, die in der Familie ausschließlich andere Sprachen als Deutsch sprechen. Die Ergebnisse legen damit nahe, dass viele Lernende an nichtgymnasialen Schulformen besserer Unterstützung im Bereich der Texttiefenmerkmale bedürfen. Unser Diagnoseinstrument könnte im Sinne eines Assessment for Learning dabei helfen, auch schwächere Schreibende bei der Gestaltung von Struktur und Kohärenz zu unterstützen.