Geschlechtsspezifische Unterschiede im Kontext von Demenz"Früher war ich ein kräftiger Bursche, […], Nicht solche Geißlein wie ihr!" 1 Dieses Zitat stammt aus dem im deutschsprachigen Raum wohl bekanntesten Buch zum Thema Demenz Der alte König in seinem Exil von Arno Geiger. Der Autor schreibt über seinen Vater, der von Demenz betroffen ist und allmählich seine Orientierung und damit auch sein Gefühl der Sicherheit und des Sich-daheim-Fühlens verliert. 2 Auffällig erscheint mir an dieser Konstellation von Vater und Sohn, dass sie in doppelter Hinsicht nicht den statistischen Wahrscheinlichkeiten entspricht. Denn die Mehrzahl der Menschen mit Demenz sind Frauen, also "Königinnen in ihrem Exil". 3 Ebenso waren 2014 gemäß Zahlen von Alzheimer Schweiz insgesamt 70% der betreuenden Angehörigen Frauen. 4 Sowohl Frauen und Männer mit Demenz als auch ihre informellen und formellen Pflege-und Betreuungspersonen sind von diesen Geschlechterverhältnissen betroffen. Deshalb werden in diesem Beitrag erstens Frauen und Männer mit Demenz und zweitens ihre Begleitpersonen im Hinblick auf geschlechts-und genderbezogene Aspekte thematisiert. Abschließend werden ethisch relevante Perspektiven aufgezeigt.Zentraler als die z.T. schwer voneinander abzugrenzenden Begriffe des biologisch bedingten Geschlechts (englisch sex) und des sozialen Geschlechts (englisch gender) erscheint mir in dieser Studie der von Candace West und Don H. Zimmermann stammende Ausdruck "doing gender". 5 "Doing Gender" beschreibt den "unumgänglichen" 6 sozialen Prozess, durch den Geschlecht in Beziehungen immer wieder neu hergestellt wird. 7 Dieser spielt auch in Pflege-und Betreuungssituationen im Kontext von Demenz bei allen Beteiligten ständig eine Rolle und sollte 1 Geiger, König, 189. 2 Ebd.