Christian Thomasius (1655-1728) 1997
DOI: 10.1515/9783110933420.405
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›Tendresse‹ und Sittenlehre

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“…Die „Zärtlichkeit“ unterhält nämlich in Freuds Briefen ein Gesetz der Distribution, das seine Wechselwirkungen zwischen so verschiedenen Ökonomien wie den „Gefühlen“ in der Familie, in der Freundschaft und in der Liebe, aber auch zwischen dem Verkehr von Briefen, Münzen, Worten und Körpern verteilt. Sie umreißt sich in Freuds Briefen als das widersprüchliche Gedächtnis all dessen, als was die „Zärtlichkeit“ in den Freud vorausgehenden Epochen je bestimmt gewesen war: ein Gefühl der leichtsinnigen Ausschweifung, das in Luthers Bibelübersetzung in der Nähe zur „Wollust“ steht ( Marthin Luther's Bibelübersetzung , , 411); eine reine, fürsorgliche Liebkosung zwischen Gottesmutter und Kind, die seit dem Ende des sechszehnten Jahrhundert mit „Zartheit“ und „Zärtlichkeit“ besungen wird (Lodes, , 112); eine äußerliche, galante Umgangsform, die am aristokratischen Hof Ende des siebzehnten Jahrhunderts den gesellschaftlichen Verkehr zwischen den Geschlechtern organisiert (Borgstedt, , 215); aber auch ein authentisches Gefühl, das seit den vierziger Jahren des achtzehnten Jahrhunderts innerhalb der bürgerlichen Familie gepflegt wird (Sauder, , 228; Meyer‐Sickendiek, , 214; Giuriato, , 330). Diese Geschichte der Zärtlichkeit lässt sich mit Niklas Luhmanns Liebe als Passion sicherlich als die „Codierung“ oder „Einrichtung“ eines Affekts beschreiben (Luhmann, , 24).…”
Section: Zärtlichkeit Und Zartheit Im Briefwechsel Zwischen Bernays Uunclassified
“…Die „Zärtlichkeit“ unterhält nämlich in Freuds Briefen ein Gesetz der Distribution, das seine Wechselwirkungen zwischen so verschiedenen Ökonomien wie den „Gefühlen“ in der Familie, in der Freundschaft und in der Liebe, aber auch zwischen dem Verkehr von Briefen, Münzen, Worten und Körpern verteilt. Sie umreißt sich in Freuds Briefen als das widersprüchliche Gedächtnis all dessen, als was die „Zärtlichkeit“ in den Freud vorausgehenden Epochen je bestimmt gewesen war: ein Gefühl der leichtsinnigen Ausschweifung, das in Luthers Bibelübersetzung in der Nähe zur „Wollust“ steht ( Marthin Luther's Bibelübersetzung , , 411); eine reine, fürsorgliche Liebkosung zwischen Gottesmutter und Kind, die seit dem Ende des sechszehnten Jahrhundert mit „Zartheit“ und „Zärtlichkeit“ besungen wird (Lodes, , 112); eine äußerliche, galante Umgangsform, die am aristokratischen Hof Ende des siebzehnten Jahrhunderts den gesellschaftlichen Verkehr zwischen den Geschlechtern organisiert (Borgstedt, , 215); aber auch ein authentisches Gefühl, das seit den vierziger Jahren des achtzehnten Jahrhunderts innerhalb der bürgerlichen Familie gepflegt wird (Sauder, , 228; Meyer‐Sickendiek, , 214; Giuriato, , 330). Diese Geschichte der Zärtlichkeit lässt sich mit Niklas Luhmanns Liebe als Passion sicherlich als die „Codierung“ oder „Einrichtung“ eines Affekts beschreiben (Luhmann, , 24).…”
Section: Zärtlichkeit Und Zartheit Im Briefwechsel Zwischen Bernays Uunclassified