Im Kern dieser Arbeit geht es um die systematisch in Lehr-Lernkontexten eingebettete Argumentation, um zu zeigen, welche Gütekriterien eine Argumentation erfüllen muss, damit Lernende die Zusammenhänge in der Lebens-und Arbeitswelt verstehen und erklären lernen können. Zusammenhänge verstanden zu haben und erklären zu können ist Voraussetzung für eine kritische Auseinandersetzung mit den im Alltag und Berufsleben auftretenden Problemfeldern. Wenn ein solches auf Argumentation aufbauendes Denken nicht im Lebensumfeld der Familie und/oder engeren Freundes-und Bekanntenkreis gelebt wird, ist es umso wichtiger, dass die Institution Schule es als ihren Bildungsauftrag versteht.Kulturell bedingt gibt es allerdings Unterschiede in der gelebten Praxis von Diskursen. Während im englischsprachigen Raum eine Debattenkultur mit dem Ziel gepflegt wird, verschiedene Standpunkte anzunähern, obliegt es dem deutschsprachigen Raum eher, Aussagen zu verklausulieren und sich hinter unpersönlichen (und reflexiven) Konstruktionen als eine Art gesichtswahrendes Mittel zu verstecken (vgl. Clyne 1991: 65, bezieht sich auf unterschiedliche intellektuelle Stile im akademischen Bereich). Es scheint in der deutschen Tradition Wissen idealisiert zu werden. Diese Idealisierung schlägt sich in der Art, fachliche Sachverhalte darzustellen, nieder. So lässt sich festhalten, dass deutsche Texte mit der Auffassung verfasst werden, dass mit dem Text Wissen bereitgestellt wird, das Verstehen aber in der Verantwortung der Leser/Rezipienten liegt. Englische Texte hingegen werden mit dem Anspruch verfasst, dass die Leser/Rezipienten dem Gedankengang des Autors/der Autorin folgen können (s. Kap. 7.1.2.2, S. 72). Wie sich diese kulturbedingten Unterschiede auf die Inhaltsstruktur und den damit verbundenen Argumentationslinien auswirken, wird im Kap. 8 ausführlich behandelt.In meinem Denken und Schreiben bin ich sicherlich durch meine Herkunft und Schulbildung im deutschsprachigen Raum geprägt worden. Durch meine Studienzeiten in den USA und Großbritannien wurde ich allerdings zunehmend durch die angelsächsische Diskurskultur konditioniert, die mich positiv beeindruckt und in meinem Schreibstil beeinflusst hat. Wenn ich damals eher nur eine diffuse Ahnung davon hatte, warum ich mich durch englische Texte als Leser besser mitgenommen fühlte, so ergaben sich in den letzten 20 Jahren durch meine Beschäftigung mit sprachübergreifenden Studien und meine Unterrichtstätigkeit im fachbezogenen Englisch erkenntnisreiche Einsichten. Die wichtigsten davon sind die besondere Adressatenorientierung und die damit verbundenen Merkmalsausprägungen englischer Fachtexte. Mit dem Titel dieser Arbeit bin ich mir bewusst, dass ich einen besonders kritischen Blick auf die Argumentationslinien meiner Textpassagen ziehe. Es ist mein Anspruch, auch wenn nur annäherungsweise erfüllbar, das Thema dieser Arbeit einem breiten Leserkreis zugänglich zu machen. Dennoch mögen die stärker sprachwissenschaftlich orientierten Kapitel aufgrund der Fachterminologie für Nicht-Sprachwissenschaft...