Die Ziele der Therapie bei der diabetischen Polyneuropathie sollten, da sie ganz unterschiedliche Vorgehensweisen erfordern, unterteilt werden in: 1. Vermeidung, Stabilisierung oder Rückbildung einer Nervenschädigung durch Medikamente oder Stoffwechseloptimierung; 2. Behandlung neuropathischer Schmerzen; 3. Vermeidung von Komplikationen einer peripheren sensiblen symmetrischen Polyneuropathie, z. B. des diabetischen Fußsyndroms. Die ersten beiden Punkte sind Gegenstand der folgenden Übersicht. Vermeidung, Stabilisierung und Rückbildung einer Nervenschädigung Ein Überblick über die bislang durchgeführten Therapiestudien lässt erkennen, dass Studien zur Wirkung einer Stoffwechseloptimierung sowohl unter der Fragestellung der Prophylaxe als auch der Behandlung der Neuropathie durchgeführt wurden, während sich die medikamentösen Behandlungsversuche bislang fast ausschließlich mit der manifesten Neuropathie beschäftigten. Untersuchungen zur medikamentösen Prophylaxe einer Neuropathie mit Substanzen, die aufgrund der zurzeit gültigen pathogenetischen Hypothesen entwickelt wurden, liegen nicht vor, sodass eine vollständige Beantwortung der Fragen zur Beeinflussbarkeit der diabetischen Polyneuropathie zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich ist. Aussagen zu den therapeutischen Mög-lichkeiten werden u. a. auch dadurch erschwert, dass in den Studien unterschiedliche Kriterien als Erfolgsziele definiert wurden, z. B. Symptome, Befunde, neurophysiologische Messwerte oder auch Kombinationen und Indizes aus diesen Kriterien. Zusätzliche Probleme treten auf, weil auch im "natürlichen" Verlauf der diabetischen Polyneuropathie Indizes, die Symptomänderungen beschreiben sollen, bei einem sehr großen Prozentsatz der Patienten über längere Zeit gleich bleiben oder sich sogar bessern können. So wurde in einer Studie zur Wirksamkeit von Nervenwachstumsfaktor [2] beobachtet, dass unter Plazebobehandlung bei 36,5% der Patienten ein Index zu "global assessment of symptom change" unverändert blieb und sich bei 37,3% verbesserte. Auch neurophysiologische Messwerte sind in ihrer Aussagekraft dadurch beschränkt, dass sie sich im natürlichen Verlauf äußerst langsam ändern. Dies erfordert den Einschluss einer außerordent-lich großen Zahl von Studienteilnehmern und/oder außerordentlich lange Behandlungszeiten im Rahmen einer Studie. Dies wurde in früheren Zeiten häufig nicht ausreichend berücksichtigt, sodass aus vielen Studien nur der Schluss gezogen werden kann, dass eine eindeutige, extrem große Wirkung nicht nachweisbar ist, was aber einen Effekt nicht grundsätz-lich ausschließt.
Stoffwechseloptimierung
Typ-1-DiabetikerDer Einfluss einer normoglykämischen Stoffwechseleinstellung auf Variablen der peripheren Polyneuropathie wurde in mehreren, unterschiedlich großen Studien untersucht, die in den 1990er Jahren des vergangenen Jahrhunderts publiziert wurden. Aus diesen kann man schließen, dass bei noch nicht von einer Neuropathie betroffenen Typ-1-Diabetikern eine deutlich verbesserte Stoffwechseleinstellung das Neuauftreten einer Neuropathie, ge...