Schilddrüsenentzündungen in Schwangerschaft und Stillzeit Leitthema Der Oberbegriff Thyreoiditis umfasst alle entzündlichen Verände-rungen der Schilddrüse. Eine für die Praxis hilfreiche Einteilung, die auch die unterschiedlichen Ätiologien berücksichtigt, grenzt die schmerzhaften von den schmerzlosen Formen ab (. Abb. 1). Gemeinsames Merkmal aller Schilddrüsenentzündungen ist, dass sie zu einer passageren Hyperthyreose führen können, die nicht durch eine echte Überproduktion von Schilddrüsenhormonen, sondern durch die Freisetzung präformierter Hormone infolge einer Zelldestruktion gekennzeichnet ist. Auch ein Über-gang in eine transiente oder auch permanente Hypothyreose ist möglich. Die rechtzeitige Erkennung und adäquate Therapie von Schilddrüsenentzündungen ist in der Schwangerschaft von besonderer Bedeutung, da eine nicht erkannte oder falsch behandelte Thyreoiditis einen negativen Einfluss auf den Verlauf der Schwangerschaft haben kann. Insbesondere die Abgrenzung von einer Hyperthyreose im Rahmen eines M. Basedow oder eines autonomen Adenoms ist wichtig, weil diese Erkrankungen im Gegensatz zur Thyreoiditis mit Thyreostatika behandelt werden (s. unten). Ebenso wichtig ist die Vermeidung einer hypothyreoten Stoffwechsellage, da diese mit einer erhöhten Inzidenz von Fehl-und Frühgeburten [1] sowie mit Einschränkungen der intellektuellen Entwicklung während Kindheit und Schulzeit assoziiert ist [2, 3]. Eine Hypothyreose sollte daher mög-lichst bereits vor Eintritt einer Schwangerschaft adäquat substituiert und die erforderliche Erhaltungsdosis frühzeitig in der Schwangerschaft an den erhöhten Bedarf angepasst werden [4]. Eine transiente Hyperthyreose im Rahmen einer Thyreoiditis wird aufgrund der fehlenden Überproduktion von Schilddrüsenhormonen nicht thyreostatisch, sondern, falls erforderlich, symptomatisch (z. B. mit β-Rezeptorenblockern) therapiert. Es sind bislang keine signifikant teratogenen Effekte von Propranolol auf den Menschen beschrieben worden [5]. Die Gabe von Propranolol in der Spätschwangerschaft führt möglicher-weise zu einer milden neonatalen Hypoglykämie und Bradykardie, die sich aber nach der Geburt innerhalb von 48 h zurückbilden. Die Gabe von Propranolol ist auch in der Stillzeit möglich. Bei hyperthyreoter Stoffwechsellage der Mutter besteht ein erhöhtes Risiko für eine Frühgeburt, eine intrauterine Wachstumshemmung, ein niedriges Thyreoiditis Schmerzhaft Schmerzlos Subkutane Thyreoiditis (de Quervain) Akute eitrige Thyreoiditis Strahlenthyreoiditis Hashimoto-Thyreoiditis Postparum-Thyreoiditis "Silent Thyroiditis" Medikamentös indizierte bröse Thyreoiditis (Riedel) Abb. 1 8 Einteilung der Thyreoiditiden Redaktion A. Schröer, Lübeck K. Diedrich, Lübeck M. Ludwig, Hamburg 224 | Gynäkologische Endokrinologie 4 · 2009 Geburtsgewicht, Herzinsuffizienz, Prä-eklampsie oder intrauterinen Fruchttod [6]. Die Prävalenz einer manifesten Hypothyreose in der Schwangerschaft beträgt 0,3-0,5%. Die Prävalenz einer latenten Hypothyreose beträgt 2-3%, wobei die Autoimmunthyreoiditis die Hauptursache ein...