Zusammenfassung. Die Relevanz von Peers für die Entwicklung von Jugendlichen konnte in verschiedenen Studien bereits bestätigt werden. Im Unterricht zeigt sich dies u.a. durch höhere situative Motivation und Freude sowie geringerem Stressempfinden während sozialer Interaktionen mit Mitschülerinnen und -schülern verglichen mit Einzelarbeitssituationen. Allerdings stellte sich auch heraus, dass Jugendliche mit Verhaltensauffälligkeiten Schwierigkeiten im Knüpfen und Aufrechterhalten von sozialen Kontakten und Freundschaften haben. Während in bisherigen Studien Verhalten als dichotome Variable untersucht wurde, wird hier ein dimensionaler, personzentrierter Ansatz zur Identifizierung von Gruppen mit heterogenen Verhaltensweisen verfolgt. Ziel dieses Beitrags ist daher die Untersuchung von Effekten sozialer Interaktionen im Unterricht auf das emotionale Erleben von Jugendlichen mit heterogenen Verhaltensweisen. Zudem wird ein möglicher Moderationseffekt der Klassenkomposition in Bezug auf das Verhalten überprüft. Hierzu wurden N = 719 Schülerinnen und Schülern der fünften und sechsten Jahrgangsstufe unter Verwendung der experience sampling method zu zwei bis drei Messzeitpunkten pro Tag an fünf aufeinanderfolgenden Schultagen zu ihrem aktuellen emotionalen Erleben und ihrem sozialen Kontext befragt. Insgesamt lagen 8870 „Momentaufnahmen“ des emotionalen Erlebens und von Unterrichtssituationen vor. Auf der Grundlage von Verhaltenseinschätzungen durch Lehrpersonen wurden mittels latenter Profilanalysen drei Profiltypen innerhalb der Schülerschaft identifiziert: Jugendliche mit adaptivem, internalisierendem und externalisierendem Verhalten. Ergebnisse von Multilevel-Strukturgleichungsmodellen zeigen, dass Jugendliche in Unterrichtssituationen, in denen sie mit ihren Peers interagieren (z.B. in Partner- oder Gruppenarbeiten), motivierter und weniger gestresst sind als in Einzelsituationen. Für Jugendliche mit externalisierendem oder internalisierendem Verhalten ist dieser Effekt stärker ausgeprägt. Die geringfügigen, jedoch nicht signifikanten differenziellen moderierenden Effekte verweisen zudem darauf, dass der Zusammenhang des emotionalen Erlebens und der Peerinteraktionen für Jugendliche nicht durch ihr Klassenumfeld in Bezug auf prosoziales oder problematisches Verhalten moderiert wird. Die Ergebnisse werden sowohl methodisch als auch inhaltlich diskutiert, unter anderem in Bezug auf die Frage, ob und inwiefern Peers Quellen aktueller Motivation im Unterricht darstellen.