Differenzen zwischen Kulturen -und die daraus resultierenden Effekte -sind seit jeher der Normalfall. Sie zeigen sich in der Erkundung der »Fremden« schon seit Herodot, in der Entdeckung vorher unbekannter Kulturen (etwa durch Kolumbus), in der Unterdrückung anderer Kulturen im Kolonialismus oder aktuell in den unterschiedlichen grenzüberschreitenden Begegnungsformen in einer globalisierten und »vernetzten« Welt. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit »Interkulturalität« erfuhr entscheidende Impulse durch die »anthropologische Wende« in den Geisteswissenschaften und durch das seit den 1970er Jahren etablierte Fach der Interkulturellen Kommunikation. Grundlegend ist dabei, Interkulturalität nicht statisch, sondern als fortwährenden Prozess zu begreifen und sie einer beständigen Neuauslegung zu unterziehen. Denn gerade ihre gegenwärtige, unter dem Vorzeichen von Globalisierung, Postkolonialismus und Migration stehende Präsenz im öffentlichen Diskurs dokumentiert, dass das innovative und utopische Potenzial von Interkulturalität noch längst nicht ausgeschöpft ist. Die Reihe Interkulturalität. Studien zu Sprache, Literatur und Gesellschaft greift die rege Diskussion in den Sprach-, Literatur-und Kulturwissenschaften auf und versammelt innovative Beiträge, die den theoretischen Grundlagen und historischen Perspektiven der Interkulturalitätsforschung gelten sowie ihre interdisziplinäre Fundierung ausweiten und vertiefen. Vorwort Schon als Kind, das im zweisprachigen Kanton Bern aufwuchs, interessierte ich mich für die Menschen der Romandie und ihre Sprache. Ich mochte den Klang des Französischen, mich faszinierten die französischen Redewendungen, die meine Großmutter aus Biel in die Gespräche zu weben pf legte, und ich freute mich, als ich in der fünften Klasse mit dem Französischunterricht beginnen durfte. Schon früh wurde mir jedoch auch das Klischee vermittelt, dass die »Welschen« nicht gerne Deutsch sprechen und noch weniger gerne Deutsch lernen würden. Mein Misstrauen diesem Klischee gegenüber war immer da, und es wuchs während meiner Tätigkeit als Experte im Fach »Deutsch als Fremdsprache« an den Maturitätsprüfungen, den Schweizer Abiturprüfungen, im französischsprachigen Teil des Kantons Bern. Gewiss, nicht alle Maturandinnen und Maturanden erhielten Bestnoten; doch gab es solche, die versiert Aufsätze schreiben und über die von ihnen gelesenen Bücher Auskunft geben konnten. Mein Interesse für die Vermittlung der deutschen Sprache war geweckt: Wie wird in der Romandie Deutsch unterrichtet, und wie werden Kinder und Jugendliche für die deutsche Sprache begeistert? Die Neugier auf die Organisation des Deutschunterrichts in der Romandie verf locht sich mit meinem Interesse an Mehrsprachigkeit und kultureller Diversität. Mehrsprachigkeit ist im sprachenpolitischen Diskurs der Schweiz immer präsent, und sie wird in den diversen Lehrplänen, die in der Schweiz Geltung haben, als wichtiges Lernziel des Fremdsprachenunterrichts aufgeführt. Zwar fokussieren diese Lehrpläne vor allem die offizielle Viersprachigkeit d...