Zusammenfassung
Einleitung Die Behandlung einer vorderen Kreuzbandruptur wird nach wie vor kontrovers diskutiert. Insbesondere die Frage: Konservative oder operative Versorgung? steht dabei im Mittelpunkt. Für die Beantwortung dieser Frage werden häufig Folgeschäden wie die Entwicklung einer posttraumatischen Arthrose, Sekundärschäden am Meniskus oder Knorpel und auch die Partizipation im Sport herangezogen. Sollten zwischen den einzelnen Behandlungsoptionen bedeutsame Unterschiede bezüglich dieser Parameter bestehen, so wären die Ergebnisse für die Entwicklung evidenzbasierter Behandlungspfade von hoher Bedeutung. Ziel dieser Arbeit war es daher, die Entwicklung einer Gonarthrose nach einer Ruptur des vorderen Kreuzbandes und der entsprechenden Behandlung (konservativ oder operativ) zu evaluieren.
Material und Methoden Zur Beantwortung der Fragestellung wurde eine systematische Literaturrecherche in der Medline über Pubmed, der Cochrane Library und in CINAHL durchgeführt. Die Recherche wurde im Januar 2020 durchgeführt und im Januar 2021 wiederholt. Eingeschlossen wurden ausschließlich systematische Reviews mit einem minimalen Nachuntersuchungszeitraum von 10 Jahren. Untersuchte Kohorten umfassten Patienten mit einer entweder konservativ oder operativ versorgten Ruptur des vorderen Kreuzbandes. Die Diagnose Arthrose wurde entweder radiologisch (anerkannte Scores) oder klinisch (Schmerz und Funktionseinschränkung) gestellt. Passende Übersichtsarbeiten wurden mit dem AMSTAR-2-Fragebogen einer qualitativen Bewertung unterzogen.
Ergebnisse Die Literaturrecherche ermittelte zunächst n = 42 Übersichtsarbeiten, von denen 14 Arbeiten inkludiert werden konnten. Nach der Volltextprüfung und der qualitativen Bewertung verblieben zur Auswertung der Ergebnisse lediglich n = 2 systematische Reviews. Die Ergebnisse beider Arbeiten zeigen unpräzise Daten mit einer großen Variabilität. Es kann aber mit großer Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass das Risiko für die Entwicklung einer Gonarthrose nach einer Ruptur des vorderen Kreuzbandes erhöht ist. Eine Reduktion der Inzidenz der Gelenkdegeneration durch eine Rekonstruktion des vorderen Kreuzbandes ist nicht nachweisbar, genauso wenig wie ein Unterschied bei einem direkten Vergleich zwischen konservativer und operativer Versorgung.
Schlussfolgerung Patienten mit einer vorderen Kreuzbandruptur tragen mit hoher Wahrscheinlichkeit ein größeres Risiko für eine progressive Gelenkdegeneration. Ein pauschaler protektiver Effekt einer Kreuzbandplastik ist in den ausgewerteten Arbeiten nicht nachweisbar. Aus diesem Grund sollten innerhalb der Entscheidungsfindung über operative versus konservative Versorgung andere Faktoren wie die funktionelle Instabilität noch höher bewertet werden.