Die Autoren geben uns in der vorliegenden Arbeit einen guten Überblick über die retrospektiv in ihrer Klinik erhobenen Daten und ihre Erfahrungen mit Stich-und Schussverletzungen über einen Zeitraum von 10 Jahren [27a]. Typischerweise spiegelt sie die glückliche Situation in unserer Republik wider, in der die Folgen gewalttätiger Auseinandersetzungen nicht zu unserer täglichen Arbeit gehören. Von amerikanischen Kliniken in Ballungszentren sowie insbesondere von südafrikanischen Kliniken sind Zahlen bekannt [14], die an einem Wochenende diesen Zehnjahreszeitraum übertref-fen. Insbesondere ist die Zahl der 10 Schussverletzungen über diesen langen Zeitraum sehr gering, die Häufigkeit von abdominellen Schussverletzungen innerhalb dieser Gruppe wird nicht gesondert aufgeführt.Insgesamt unterscheiden die Autoren in ihrer Arbeit zusätzlich bezüglich des taktischen Vorgehens zwischen Stichund Schussverletzungen. Für die Stichverletzung wird ein selektives operatives Vorgehen propagiert.Absolute Operationsindikationen sind Kreislaufinstabilität (Kriterien?), der Nachweis freier intraabdomineller Flüssigkeit (wie diagnostiziert?), eine Peritonitis, die Eviszeration sowie ein verbliebenes Stichinstrument. Auf diese Weise wurden von 51 Patienten mit abdominellen Verletzungen immerhin 44 (86%) einer operativen Revision zugeführt. Erstaunlicherweise waren von diesen 44 Eingriffen 21 negativ. Die Ergebnisse der 4 darin enthaltenen laparoskopischen Befunde sind nicht gesondert aufgeführt. Diese hohe Anzahl (48%) an negativen Befunden ist bei einem selektiven Vorgehen überraschend.Aus der Literatur [6, 7] ist bekannt, dass bei selektivem Vorgehen (bei kreislaufstabilen Patienten sowohl bei Stich-als auch bei Schussverletzungen des Abdomens) in 64% der Patienten keine operativen Maßnahmen des Abdomens notwendig wurden. Auch Chiu et al. [2] konnte in 2001 bei 71% seiner (kreislaufstabilen) Patienten durch Selektionierung eine Laparotomie vermeiden. Auf die genauen Ergebnisse dieser Studien und deren Schlussfolgerungen wird weiter unten noch eingegangen.
Negative LaparotomienIn der vorliegenden Arbeit wurden nun 86% aller Patienten laparotomiert (inklusive 4 Laparoskopien) mit einer Rate von 21 (48%) negativer, d. h. überflüssiger Laparotomien. Die Argumentation, den Patienten durch eine an sich überflüssige Laparotomie noch schlimmeres, nämlich die lebensbedrohliche Komplikation zu ersparen, ist nicht ganz schlüssig. In der vorliegenden Arbeit findet sich eine Komplikationshäufigkeit im Gesamtkollektiv von 28% (21 von 74 Patienten). Es wird leider nicht aufgeführt in wie weit diese Komplikationsrate sich auf operierte mit positivem oder negativem Befund sowie auf nicht operierte bezieht. Aus der Literatur [22] sind aus dem Kollektiv der negativen Laparotomien erschreckend hohe Komplikationsraten von 20 bis zu 40% beschrieben. Es muss also das Ziel sein, negative Laparotomien sowohl bei Stich-als auch bei Schussverletzungen zu reduzieren.Wie die Autoren darlegen, hat sich im letzten Jahrzehnt doch weitgehend die Meinung eines selekt...