ZusammenfassungBeatmungstherapie stellt einen zentralen und wesentlichen Bestandteil der modernen Intensivmedizin dar. Sie kommt bei Patienten mit schwerer respiratorischer Insuffizienz infolge Versagens der muskulĂ€ren Atempumpe oder bei direkter oder indirekter SchĂ€digung des Lungenparenchyms mit nachfolgendem Oxygenierungsversagen zum Einsatz, wenn mit anderen nicht-medikamentösen MaĂnahmen, Sauerstoffgabe, Sekretmobilisation, kontinuierlicher positiver Atemwegsdruck â Continuous Positive Airway Pressure (CPAP) oder Nasal-High-Flow-Therapie, keine ausreichende Stabilisierung erreicht werden kann.Die maschinelle Beatmung dient der direkten Behandlung der Atmungsinsuffizienz und schafft Zeit fĂŒr die Behandlung der zugrundeliegenden Ursache. Der ĂŒberwiegende Anteil beatmeter Patienten kann nach kurzzeitiger Beatmungstherapie und kausaler Behandlung unproblematisch von der Beatmung entwöhnt werden. Allerdings muss die Beatmung bei ca. 20â% der Patienten auch noch dann fortgesetzt werden, wenn die ursprĂŒngliche Indikation (z.âB. eine schwere Pneumonie) lĂ€ngst behoben ist, sodass sich die Phase des Weanings (Entwöhnung von der maschinellen Beatmung) deutlich verlĂ€ngert. UngefĂ€hr 40âââ50â% der gesamten Beatmungszeit eines Intensivpatienten entfallen aufgrund einer prolongierten Atmungsinsuffizienz auf den Prozess, den Patienten von der Beatmung zu trennen. Neben der respiratorischen Funktionsstörung tragen hĂ€ufig hohes Alter und KomorbiditĂ€ten der Patienten zum prolongierten Weaning-Prozess bei.Nach internationalem Konsens liegt ein prolongiertes Weaning dann vor, wenn es erst nach 3 erfolglosen Spontanatmungsversuchen (spontaneous breathing trialâ=âSBT) oder nach ĂŒber 7 Tagen Beatmung nach dem ersten erfolglosen SBT gelingt, den Patienten von der Beatmung zu trennen.Das Patientenkollektiv mit prolongiertem Weaning stellt das behandelnde Team vor eine besondere Herausforderung. Ganz wesentlich fĂŒr den Therapieerfolg ist die eng verzahnte interdisziplinĂ€re Behandlung der Patienten im prolongierten Weaning. Nicht selten sind es der fehlende multidisziplinĂ€re Ansatz und die unzureichende Beachtung der multifaktoriellen Ursachen, die ein erfolgreiches Weaning verhindern. Dieses erfolgreich durchzufĂŒhren, setzt eine hohe Expertise in der modernen Intensivmedizin, der Anwendung invasiver und nichtinvasiver Beatmungsverfahren, ein klares Weaning-Konzept, und eine enge, fachĂŒbergreifende interdisziplinĂ€re Zusammenarbeit voraus.Im komplexen prolongierten Weaning-Prozess gelingt es in spezialisierten Weaning-Zentren/-Einheiten nach Verlegung der invasiv beatmeten Patienten in ca. 50â% der FĂ€lle doch noch, ein Weaning-Versagen abzuwenden. Bei einem Teil der Patienten schlagen auch wiederholte Weaning-Versuche fehl, sodass gegebenenfalls eine dauerhafte invasive Beatmung in auĂerklinischer Umgebung erforderlich ist.Vor dem Hintergrund der wachsenden Bedeutung des prolongierten Weanings, insbesondere der medizinischen, psychosozialen und ökonomischen Folgen des Weaning-Versagens, wurde erstmals 2014 diese Leitlinie auf Initiative der Deutschen Gesellschaft fĂŒr Pneumologie und Beatmungsmedizin e.âV. (DGP) gemeinsam mit anderen wissenschaftlichen Fachgesellschaften, die sich zum Thema prolongiertes Weaning engagieren, publiziert. Aktuelle Forschungs- und Studienergebnisse, Registerdaten und die Erfahrungen in der tĂ€glichen Praxis machten die Revision dieser Leitlinie erforderlich.In der revidierten Leitlinie werden Definitionen, Epidemiologie und Weaning-Kategorien, die zugrundeliegende Pathophysiologie, Strategien zur PrĂ€venion von prolongiertem Weaning, das gesamte Spektrum der verfĂŒgbaren Therapiestrategien, die Weaning-Einheit, die Ăberleitung in eine auĂerklinische Beatmung und schlieĂlich Empfehlungen zu Therapieentscheidungen am Ende des Lebens bei prolongiertem bzw. erfolglosem Weaning abgehandelt.Besondere Schwerpunkte in der Revision der Leitlinie sind folgende Themenfelder:â Eine neue Klassifikation der Untergruppen der Patienten im prolongieren Weaningâ Wichtige Aspekte der pneumologischen Rehabilitation und Neurorehabilitation im prolongieren Weaningâ Infrastruktur und Prozessorganisation in der Versorgung von Patienten im prolongierten Weaning im Sinne eines kontinuierlichen Behandlungskonzeptesâ TherapiezielĂ€nderung und Kommunikation mit AngehörigenDie Besonderheiten bei pĂ€diatrischen Patienten werden innerhalb der einzelnen Kapitel jeweils gesondert behandelt.Wichtige Adressaten dieser Leitlinie sind Intensivmediziner, Pneumologen, AnĂ€sthesisten, Internisten, Kardiologen, Chirurgen, Neurologen, PĂ€diater, Geriater, Palliativmediziner, Rehabilitationsmediziner, PflegekrĂ€fte, LogopĂ€den, Physiotherapeuten, Atmungstherapeuten, der medizinische Dienst der Krankenkassen und die Hersteller von Beatmungstechnik.Die wesentlichen Ziele der revidierten Leitlinie sind es, den aktuellen Wissensstand zum Thema âProlongiertes Weaningâ wissenschaftlich zu bewerten und auf Basis der Evidenz und der Erfahrung von Experten Empfehlungen hinsichtlich des prolongierten Weanings nicht nur fĂŒr den Bereich der Akutmedizin, sondern auch fĂŒr den Bereich âChronic critical careâ zu geben.