Zusammenfassung
Dieser Beitrag skizziert Überlegungen zu einer bibliothekspolitischen Frage, die bisher noch schwer zu überblicken ist und die nur aus einer interdisziplinären Perspektive beleuchtet werden kann: Wie beeinflusst die Privatisierung Öffentlicher Bibliotheken die Auffassung des Bibliotheksortes? Inwieweit dürfen sich die Mitarbeitenden weiterhin auf die kommunale Koordination mit den neuartigen Vertragspartnern verlassen? Bleibt die pluralistische Arena zur Bildung einer kritischen Öffentlichkeit erhalten?
Schwedische Öffentliche Bibliotheken gelten als eine der letzten Bastionen des ehemaligen sozialdemokratischen Wohlfahrtsstaates. Ihre deliberativen Arbeitsweisen, ihre Abstimmung auf den kommunalen und regionalen Rahmen in den Bibliotheksplänen und ihre Profilierung durch das demokratiefördernd intendierte nationale Bibliotheksgesetz sind inspirierend auch für die deutschsprachige Bibliothekslandschaft oder für verwandte Einrichtungen. In der Diskussion um alternative Trägerschaften steht aus der Perspektive des Personals offenbar viel auf dem Spiel. Die ausgewerteten Stellungnahmen von schwedischen Bibliothekar:innen aus dem letzten Jahrzehnt geben Einblicke in die Selbstvergewisserung einer anti-neoliberalen Wertegemeinschaft, die einerseits für den Erhalt humanistischer Kultur- und Bildungseinrichtungen kämpft, andererseits die Notwendigkeit erkennt – angesichts der Einsparungen und des zunehmenden Einflusses rechtspopulistischer und liberal-konservativer Kräfte –, neuartige Trägerschaften und Betreibermodelle zu erproben.