Begriffsexplikation (Till Dembeck)Der Begriff ‚Epitext' wurde von Gérard Genette in seinen Studien zum ‚Paratext' vorgeschlagen (Genette 1992). Genette bestimmt Paratexte als all diejenigen Texte, die einen ‚Haupttext' begleiten bzw. rahmen und ihn so überhaupt erst zu einem ‚Buch' machen. Paratexten wird so, zumindest wenn man vom biblionomen Werkparadigma der Neuzeit ausgeht, insgesamt eine werkkonstitutive Funktion zugeschrieben. Im Unterschied zu den ‚Peritexten', die dem Haupttext unmittelbar örtlich anhängen (z. B. Titel, Vorrede, Fußnote) fasst Genette die ‚Epitexte' als diejenigen Paratexte, die zwar örtlich unabhängig von ihrem Haupttext vorliegen, ihm aber doch referenziell zugehören und an seiner Konstitution als ‚Buch' bzw. Werk mitwirken. Dazu können beispielsweise Manuskriptvorlagen zu einem gedruckten Werk gerechnet werden (f II.17.b), ebenso unterschiedliche Formen der Privatpublikation (f II.18), also etwa Briefe oder Tagebücher, die über ein Werk Auskunft erteilen, und schließlich eine Reihe von Werkmedien zweiter Ordnung wie etwa Lesungen (f II.11), Übersetzungen (f II.13), Hörspiel-bzw. Hörbuchadaptionen (f II.14), Literaturverfilmungen (f II.15) oder Computerspieladaptionen (f II.16). All diese Epitexte dienen grundsätzlich aber auch als Medien, in denen Haupttexte unmittelbar erscheinen. Sie können somit auch als Werkmedien erster Ordnung auftreten. Die im Folgenden behandelten Epitexte sind solche, die sich zumindest in der Regel weder dem Bereich der Privatpublikation noch dem der Adaptionsmedien zuordnen lassen.
a) Kommentar/Interpretation (Till Dembeck/Florian Neumann)Kommentar und Interpretation haben gemeinsam, dass sie zu einem Bezugstext, wie Niklas Luhmann schreibt, "mehr Text" hinzufügen (Luhmann 1993, S. 340; vgl. Raible 1995, S. 51), um ihn dadurch für Leser besser zugänglich zu machen. Durch dieses Hinzufügen von Text wird dabei nicht notwendigerweise Epitext erzeugt, sondern manchmal auch Peritext, wenn etwa Kommentare als Glossen oder als Anhang in unmittelbarer Nachbarschaft des Bezugstextes stehen.In seiner lateinischen Grundbedeutung ist der Kommentar (commentarius) eine "Gedächtnisstütze in schriftlicher Form" (Premerstein 1900, Sp. 726). Der lateinische Begriff umfasst zwar auch schlicht geschäftliche Aufzeichnungen und chronistische bzw. autobiographische Rechenschaftsberichte. Die wichtigste Brought to you by | Stockholms Universitet Authenticated Download Date | 7/26/15 11:38 PM